Versöhnung in Kolumbien: Reue von ganzem Herzen

Vertreter der Farc-Guerilla entschuldigen sich für ihre Gewalttaten bei den Opfern. Der Dialog soll in kleinen Gruppen fortgesetzt werden.

Opfer der Farc-Guerilla bei einer Pressekonferenz am Wochenende. Bild: reuters

BUENOS AIRES taz | Bei den Verhandlungen zwischen der kolumbianischen Regierung und der Farc-Guerilla über ein Friedensabkommen haben jetzt die Opfer das Wort. Am Samstag standen erstmals zwölf Opfer den Vertretern von Staat und Guerilla von Angesicht zu Angesicht gegenüber. Zwar fand die Sitzung hinter verschlossenen Türen statt, doch die Beteiligten sprachen von einem historischen Vorgang.

„Es war das Wichtigste in meinem ganzen Leben,“ sagte Constanza Turbay sichtlich bewegt. Fünfzehn Minuten hatte sie Zeit, um am Verhandlungstisch ihre Erlebnisse zu erzählen. Mehrere ihrer Familienangehörigen waren von der Farc-Guerilla ermordet worden. „Iván Márquez bat mich um Vergebung, nicht rein automatisch, es kam vom Herzen“, sagte Turbay über den Verhandlungsführer der Farc.

Der Konflikt zwischen dem kolumbianischen Staat und der Farc-Guerilla begann 1964. Nach den Angaben des Centro de Memoria Histórica de Colombia haben die fünf Jahrzehnte der militärischen Auseinandersetzungen, an der auch andere Guerilleros und Paramilitärs beteiligt waren, rund 6,5 Millionen Opfer gefordert. 5,7 Millionen Menschen wurden vertrieben, 220.000 getötet. 25.000 sind verschwunden und 27.000 wurden entführt. Seit November 2012 verhandeln beide Seiten in Kubas Hauptstadt Havanna über ein Friedensabkommen.

Vertreter der UNO, der Universidad Nacional und der katholischen Bischofskonferenz Kolumbiens haben auf Anordnung der Regierung die Opfervertreter ausgewählt. „Jede Auswahl ist fragwürdig und kann kritisiert werden“, erklärten die drei Organisationen bei der Bekanntgabe. Für die erste Gruppe wurden fünf Opfer der Guerilla, drei Opfer der Paramilitärs, drei Opfer staatlicher Organe und ein Opfer verschiedener gewalttätiger Gruppen benannt.

Weltweit einzigartiger Vorgang

Die sieben Frauen und fünf Männer kommen aus acht Provinzen und der Hauptstadt Bogotá. Unter ihnen sind Indigene und Afro-Kolumbianer, Prominente und Unbekannte, Arme und Reiche. In den kommenden Wochen sollen noch fünf weitere Gruppen mit ebenfalls zwölf Opfern nach Havanna fliegen und ihre Aussagen machen. „Es gibt weltweit keinen Vorgang, bei dem so etwas durchgeführt wurde“, sagte der UN-Vertreter in Kolumbien Fabrizio Hochschild.

Regierung und Farc haben sich bereits darauf geeinigt, dass die Rechte der Opfer nicht in Havanna verhandelt werden, sondern lediglich diskutiert werden. Die UNO, die Universidad Nacional und die katholische Kirche haben darauf gedrängt, dass die Opfer nicht allein ihre persönlichen Gewalterlebnisse schildern, sondern auch Überlegungen zu den Forderungen der Opfer und zum Friedensprozess äußern dürfen.

Bisher haben Regierung und Farc nach eigenem Bekunden drei Tagesordnungspunkte erfolgreich abgearbeitet. Dabei wurden einvernehmliche Regelungen bei einer Landreform und der Eingliederung und Beteiligung der Guerilla am politischen Prozess erzielt. Die genaue Vereinbarung soll erst am Ende der Verhandlungen öffentlich gemacht werden.

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