Polizei setzt Räumung durch

HONGKONG Dutzende Aktivisten werden festgenommen, darunter der Protestführer Joshua Wong. Doch dieses Mal bleibt die Bevölkerung passiv

Protestführer hatten darum gebeten, bei der Räumung keinen Widerstand zu leisten

AUS PEKING FELIX LEE

Es gibt ein paar Buhrufe, und am Rande kommt es vereinzelt noch zu Rangeleien. Ansonsten haben die Einsatzkräfte am Mittwochabend nur noch wenige Probleme, die mit Kabelbindern fixierten Metallgitter zu trennen und die Barrikaden des Protestlagers in dem dicht besiedelten Hongkonger Geschäftsviertel Mongkok auf der Halbinsel Kowloon zu entfernen. Anders als am Tag zuvor verläuft die Räumung am Mittwoch verhältnismäßig friedlich. Bis zum Abend ist vom Protestlager nichts mehr übrig.

Nach zum Teil heftigen gewalttätigen Auseinandersetzungen am Dienstag und in der Nacht zu Mittwoch nimmt die Hongkonger Polizei auch am Mittwoch noch mehrere Dutzend Demonstranten fest, darunter den Studentenführer Lester Shum sowie den 18-jährigen Joshua Wong, zwei der prominentesten Gesichter der Hongkonger Demokratiebewegung.

Während deren Festnahme Ende September noch Zehntausende auf die Straße trieb, bleibt nun die Unterstützung weitgehend aus. „Eine Reihe von Unruhestiftern und radikalen Demonstranten ist noch gegen die Polizisten vorgegangen“, sagt Hongkongs Sicherheitsminister Lai Tung-kwok. Aber insgesamt sei die Zahl der Protestunterstützer deutlich zurückgegangen.

Seit dem frühen Dienstagmorgen ist Hongkongs Polizei mit über 1.000 Einsatzkräften dabei, das seit nunmehr zwei Monaten bestehende Protestcamp in Mongkog zu räumen. Sie erfüllt damit einen Gerichtsbeschluss, den Taxi- und Busfahrer vor zwei Wochen erwirkt hatten. Die Richter gaben ihnen Recht, dass die Straßensperren ihre Geschäfte beeinträchtigen. Auch beim Hauptprotestlager der Demokratieaktivisten im Regierungsviertel Admiralty mussten die Aktivisten einige Straßenzüge aufgeben, weil ein Gericht das so verfügt hatte.

Protestführer wie Joshua Wong und Lester Shum hatten ihre Anhänger darum gebeten, bei der abzusehenden Räumung in Mongkok keinen Widerstand zu leisten. Einige Dutzend Demonstranten setzten sich dennoch zur Wehr und versuchten, die bereits abgeräumten Barrikaden an anderer Stelle wieder zu errichten. Beamte setzten Pfefferspray ein. Es gibt auf beiden Seiten Verletzte. „Die Polizei musste entschlossen handeln“, rechtfertigt sich Sicherheitsminister Lai. Die Polizei sei mit unnötiger Härte gegen Demonstranten vorgegangen, empört sich hingegen der Hongkonger Studentenverband.

Immerhin geht die Polizei auch gegen ihre eigenen Beamten vor. Sie verhaftete am Mittwoch sieben Polizisten, die am 15. Oktober den Oppositionspolitiker und Demokratieaktivisten Ken Tsang mit Handschellen in eine dunkle Ecke führten, ihn zu Boden schlugen und auf ihn eintraten. Ein Fernsehsender hatte dies gefilmt. Die Polizisten waren bereits suspendiert. Nun drohen ihnen Haftstrafen.