Arbeitsmarkt: Rot-Rot kauft sich neue Arbeit

Der Berliner Senat will 10.000 langfristige Beschäftigungsangebote für Langzeitarbeitslose schaffen - zu Tarifbedingungen.

Unter die Arme gegriffen: Dei öffentlich Beschäftigten sollen unter anderem Behinderte mobiler machen Bild: AP

Während sich die Bundes-SPD über die Verlängerung des Arbeitslosengeldes I zofft, macht Rot-Rot Nägel mit Köpfen. Auf Antrag von Arbeitssenatorin Heidi Knake-Werner (Linke) hat der Senat am Dienstag beschlossen, die Förderung von Langzeitarbeitslosen um 522 Euro pro Person und Monat aufzustocken. Damit sollen, so Knake-Werner, "langfristige Beschäftigungsangebote zu tariflichen Bedingungen geschaffen werden". Der öffentlich geförderte Beschäftigungssektor (ÖBS) war für die damalige PDS eine Bedingung, die Koalition mit der SPD nach der Wahl 2006 fortzusetzen.

Für die Linke ist ein solcher Beschäftigungssektor der erste große Erfolg im Senat. Bis 2010 will die Landesregierung zusätzlich 80 Millionen Euro ausgeben, um 10.000 sozialversicherungspflichtige Jobs für schwer vermittelbare Langzeitarbeitslose zu schaffen. Diese sollen vor allem in den Bereichen Nachbarschaftsarbeit, Integration, soziale Infrastruktur, Dolmetschen, aber auch für Fahrgastbetreuung beim Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) entstehen. Mit den 80 Millionen Euro stockt Berlin das Programm "Perspektiven für Langzeitarbeitslose - JobPerspektive" von Bundesarbeitsminister Franz Müntefering (SPD) auf, das im Oktober startete. Anders als Berlin gesteht Agenda-Minister Müntefering, der mit seinem Programm 100.000 neue Jobs schaffen will, den Langzeitarbeitslosen aber nur 778 Euro brutto zu.

Gleichwohl war Knake-Werner am Dienstag nicht in Siegesstimmung, als sie den Beschluss nach der Senatssitzung vorstellte. Ursprünglich sollte der ÖBS in Berlin nämlich kostenneutral umgesetzt werden. Dazu sollten sämtliche Transferleistungen von Bund, Land und der EU gebündelt werden. Doch daraus wurde nichts, wie Knake-Werner einräumen musste. Allerdings ist die Berliner Initiative für einen öffentlichen Beschäftigungssektor laut Arbeitssenatorin auch ein bundespolitischer Erfolg. "Ohne den Berliner Vorstoß hätte es kein Jobprogramm von Müntefering gegeben", hieß es aus Knake-Werners Umgebung.

Um zu vermeiden, dass mit Senatsgeldern reguläre Jobs gestrichen werden, will Knake-Werner einen Beirat einrichten, der die Umsetzung des Programms begleitet. Daran glauben die Berliner Grünen aber schon heute nicht. Deren arbeitsmarktpolitische Sprecherin Ramona Pop sagt sogar, der Senat wolle mit Hilfe des Bundesprogramms "Löcher in der sozialen Infrastruktur der Stadt stopfen, die er selber mit seiner Kürzungspolitik verursacht hat".

Skeptisch äußerte sich auch die Industrie- und Handelskammer. "Besser als öffentliche Arbeitsmarktprogramme wären Entlastungen bei den Sozialversicherungsbeiträgen", kritisiert IHK-Hauptgeschäftsführer Jan Eder. Gleichwohl wolle die IHK bei der Umsetzung des Programms behilflich sein.

Beteiligt am Programm sind auch die Bezirke. Insgesamt soll die Förderdauer für Langzeitarbeitslose 24 Monate betragen. Sie kann aber auch verlängert werden, "um die Zeit bis zur Rente zu überbrücken", so Knake-Werner. Zielgruppe seien vor allem Arbeitslose mit Migrationshintergrund, Behinderte und andere schwer Vermittelbare. Anders als beim Bundesprogramm sollen keine Arbeitslosen unter 25 Jahren gefördert werden. Vielmehr liege der Schwerpunkt bei Menschen über 55 Jahren.

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