Städtebaulicher Wettebewerb: Der Leipziger Platz in Vollendung

Die letzte Lücke am Leipziger Platz soll nach dem Entwurf des Architekten Jan Kleihues geschlossen werden. Dabei sollen Stadt und Shopping in einen neuen Dialog miteinander treten. Investor Orco will nächstes Jahr loslegen.

Fassadenentwurf für den Leipziger Platz Bild: Kleihues + Kleihues

Das Modell für das Wertheim Arreal Bild: Kleihues + Kleihues

Einen Namen hat das Bauvorhaben noch nicht. Und doch soll es einer der markantesten Orte in der Berliner Mitte werden. Der gestern vorgestellte Masterplan für das ehemalige Wertheim-Areal ist nicht nur Startschuss für die letzte Lückenschließung am barocken Oktogon des Leipziger Platzes. Der Entwurf des Architekturbüros Kleihues + Kleihues interpretiert auch das Thema Warenhaus neu. "Wir wollen, dass sich das Einkaufen wieder in die Stadt hinein öffnet", sagt Architekt Jan Kleihues, der schon den Umbau der Galeria Kaufhof am Alexanderplatz besorgt hat.

Die Kriegsruine des Wertheim-Kaufhauses war 1956 abgerissen worden. Lange lag die Brache im Mauerstreifen. Mit einem ersten Bauvorhaben scheiterte 1998 der Münchner Investor Kottmair - am U-Bahn-Tunnel. Ein zweiter Entwurf von Sergej Tchoban wurde 2003 wegen der komplizierten Eigentumsrechte nicht realisiert. Erst als der mit einer Rückgabe des Grundstücks gescheiterte Karstadt-Quelle-Konzern bekannt gab, er werde die Wertheim Erben mit 88 Millionen Euro entschädigen, war der Weg für den Verkauf des Grundstücks an den jetzigen Eigentümer Arco frei. TAZ

Dass die Messlatte sehr hoch liegt, hat schon der Juryvorsitzende des städtebaulichen Wettbewerbs, Christoph Langhoff, betont. Immerhin stand auf der nordöstlichen Ecke des Leipziger Platzes einst das legendäre Wertheim Kaufhaus von Alfred Messel. Bei seiner endgültigen Fertigstellung 1926 war es mit einer Kauffläche von 70.000 Quadratmetern das größte Kaufhaus Europas. Zum Vergleich: Selbst das KaDeWe bringt es heute nur auf eine Verkaufsfläche von 61.000 Quadratmetern.

Wie ein solches Erbe an diesem Ort neu interpretiert werden kann, hat auch die acht Architekturbüros beschäftigt, die am städtebaulichen Wettbewerb teilgenommen haben. "An diesem Thema haben wir fünf Monate herumgefummelt", gibt Wettbewerbssieger Jan Kleihues zu. Das Ergebnis ist ambitioniert. "Die Läden im Erdgeschoss werden auch von der Leipziger Straße zugänglich sein", verspricht Kleihues. Und das Herzstück des "neuen Wertheim-Areals", ein sechsgeschossiges Kaufhaus am Platz selbst, öffnet sich mit horizontalen Fensterbändern zur Stadt.

Noch aber ist es nicht so weit. Dass der Kleihues-Entwurf, auf den sich die Jury am Dienstag geeinigt hat, nur ein städtebaulicher Plan und noch keine Architektur ist, betonten sowohl Senatsbaudirektorin Regula Lüscher als auch Christian Köhler vom Investor Orco (ehemals Viterra).

Vor allem bei der Durchgangsstraße, die gegenüber des Haupteingangs des Bundesratsgebäudes zur Vossstraße führt, gibt es noch Gesprächsbedarf. Auch da geht es um einen Dialog zwischen Shopping und Stadt - oder besser einen Konflikt.Während sich Lüscher und die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung eine öffentliche Straße wünschen, schwebt den Investoren eher eine Passage vor. Eine Lösung dieses Konflikts zwischen öffentlichem und privatem Raum, deutete Kleihues gestern an, könne darin liegen, das Dach möglichst filigran, soll heißen unsichtbar, zu gestalten.

Die Lage des Areal nordöstlich des Leipziger Platzes Bild: Kleihues + Kleihues

Keine Konflikte gibt es dagegen beim Anteil der Wohnnutzung, der bei 30 Prozent liegt. Die "hochwertigen Wohnungen" werden dabei vor allem in den Türmen zur Vossstraße hin untergebracht. Weitere Wohntürme sind auf beiden Seiten eines "Waldes" geplant, der auf dem Dach des zweigeschossigen Bauteils zwischen Durchgangsstraße und Kaufhaus liegen soll. Dass an dieser Stelle nicht höher gebaut wird, liegt an der U-Bahn-Linie 2, die unter dieser Stelle verläuft. Eine Sanierung des Tunnels, wie sie bei vorangegangenen Planungen mehrfach im Gespräch gewesen ist, sei bei dieser Überbauung nicht nötig, betonte Kleihues.

Insgesamt zeigte sich Senatsbaudirektorin Regula Lüscher hocherfreut über den Kleihues-Entwurf. "Damit wird die städtebauliche Figur des Leipziger Platzes abgeschlossen." Und wohl auch eine Never-Ending-Story des Berliner Baugeschehens. Erst vor zwei Jahren hatte die Jewish Claims Conference den Weg für den Verkauf des Grundstücks freigemacht. Bis dahin stritten sich die Erben der Familie Wertheim und die Karstadt AG um das vielleicht letzte Filetgrundstück in der Berliner Mitte.

Der städtebauliche Wettbewerb, aus dem Jan Kleihues nun als Sieger hervorging, hatte im vergangenen Jahr begonnen. Nun soll, so die Senatsbaudirektorin, schnellstmöglich der Bebauungsplan aufgestellt werden. Denn schon im nächsten Jahr will Investor Orco mit dem Bau beginnen. Bis dahin wird es vor Ort das Gebäude weiter nur in Form eines Riesenposter zu sehen geben. 2012 soll dann das Achteck des Leipziger Platzes und der neue Dialog zwischen Stadt und Shopping endgültig vollendet sein.

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