Anteil in der Verwaltung steigt: Betriebe entdecken Migranten

Die Zahl der Azubis mit Migrationshintergrund ist vor allem im öffentlichen Dienst deutlich gestiegen. Berlin ist bundesweit Vorreiter.

Migranten können alles: Motiv der Kampagne "Berlin braucht dich" Bild: BQN Berlin

Fast jeder Fünfte der 2010 neu eingestellten Auszubildenden in der Verwaltung und dem öffentlichen Dienst in Berlin hat einen Migrationshintergrund. In den landeseigenen Betrieben waren es im selben Jahr immerhin 13,3 Prozent der neuen Azubis.

Damit hat sich die Anzahl der MigrantInnen in den Ausbildungsberufen der Verwaltung in den vergangenen fünf Jahren deutlich mehr als verdoppelt: 2006, zu Beginn der Kampagne "Berlin braucht Dich", mit der der öffentliche Dienst um Azubis nichtdeutscher Herkunft wirbt, waren es erst 8,7 Prozent. Die Zahlen der Landesbetriebe wurden 2010 erstmalig erhoben, ein Vergleich ist deshalb noch nicht möglich.

Entsprechend zufrieden präsentierten Integrationssenatorin Carola Bluhm (Linke) und Günter Piening, der Integrationsbeauftragte des Senats, die aktuellen Zahlen. 25 Prozent Azubis aus Einwandererfamilien - dieses Ziel hatte der Senat sich zu Beginn der Kampagne für das Jahr 2013 gesetzt. "In den Berliner Senatsverwaltungen wurden diese 25 Prozent schon im vergangenen Jahr erreicht", berichtete Senatorin Bluhm. Auch in einigen Landesunternehmen, etwa den Berliner Bäder Betrieben, liegt die Zahl der Azubis mit Migrationshintergrund bei 25 Prozent. Bei der landeseigenen Wohnungsgesellschaft Degewo sind es sogar mehr als 36, bei der Berliner Stadtreinigung (BSR) immerhin 20 Prozent.

Nicht politische, sondern rein unternehmerische Gründe seien dabei für die Betriebe ausschlaggebend, erklärte Norbert Schmidt, Vorstand für Personal und Soziales der Berliner Wasserbetriebe und Vorstandsvorsitzender des Kommunalen Arbeitsgeberverbandes (KAV). "Wir benötigen dringend Nachwuchs", so Schmidt. Sonst drohe angesichts der demografischen Entwicklung ein Fachkräftemangel: "Noch vor drei Jahren hatten wir 400 BewerberInnen pro Ausbildungsplatz, heute sind es nur noch 100." Das sei zwar immer noch "eine Zahl, mit der man leben kann", so Schmidt: "Doch es gibt keine Alternative: Wir müssen uns um Auszubildende bemühen." Die Wasserbetriebe und die BSR etwa tun das gemeinsam nicht nur bei SchulabgängerInnen, sondern auch unter jungen Arbeitslosen nichtdeutscher Herkunft: Zwölf habe man im vergangenen Jahr gemeinsam mit einem freien Träger getestet, neun davon seien nun in Ausbildung bei den beiden Betrieben, so Schmidt: "Und sie sind gutes Mittelfeld da."

Es sei schön, "Rückenwind aus den Betrieben zu spüren", sagte Günter Piening: "Das war nicht immer so." Die Unternehmen müssten ihre Ausbildungspraxis hinterfragen, sich interkulturell öffnen, um die besonderen Probleme, aber auch die besonderen Kompetenzen von Azubis mit Migrationshintergrund zu erkennen.

Die hätten es auf dem Ausbildungsmarkt seit dem Mauerfall grundsätzlich schwerer, so Piening, und "viele wachsen in einem von Arbeitslosigkeit geprägten Milieu auf." Umso zufriedener sei er mit dem schnellen Anstieg der Migranten-Azubi-Zahlen, "mit denen der öffentliche Dienst in Berlin bundesweit Vorreiter ist", so Piening.

Zu tun bliebe dennoch einiges: So liegen etwa in der Humboldt- und der Freien Universität die Migrantenanteile bei den Azubis noch unter 10 Prozent. Und während Bezirkverwaltungen wie Neukölln und Friedrichshain-Kreuzberg bereits mehr als 37 Prozent MigrantInnen unter ihren Auszubildenden haben, sind es im ebenso einwandererreichen Stadtteil Mitte erst 10,5 Prozent. "Da müssen wir noch prüfen, woran das liegt, und dann daran arbeiten", so Piening.

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