Howoge-Untersuchungsausschuss: Die Zeugen der Anklage

Ex-Howoge-Chef Adam beschuldigt Bausenatorin Junge-Reyer, von der rechtswidrigen Vergabe an Hillenberg gewusst zu haben.

Gerät unter Druck: Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD). Bild: dpa

Fast schien es, als hätte Hans-Jürgen Adam auf diesen Tag gewartet. "Wer glaubt, dass wir bei der Vergabe von Aufträgen eine Geheimpolitik betreiben konnten, der glaubt auch, dass die Erde eine Scheibe ist", sagte der ehemalige Geschäftsführer der Wohnungsbaugesellschaft Howoge am Freitag. Vielmehr sei sowohl dem Aufsichtsrat als auch dem Senat bekannt gewesen, dass seine Gesellschaft Aufträge an das Ingenieurbüro des SPD-Abgeordneten Ralf Hillenberg ohne Ausschreibung vergeben habe.

Adam und sein ehemaliger Kollege Bernd Kirschner waren die erste Zeugen im Untersuchungsausschuss Howoge im Abgeordnetenhaus. Warum hat die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft gegen die Vergabeordnung gehandelt? Und was wusste Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) von dieser Praxis? Diesen Fragen geht der Ausschuss in den kommenden Wochen nach.

Unschuldslamm Howoge

Hans-Jürgen Adam freilich bestreitet, je auch nur gegen geltende Gesetze verstoßen zu haben. Dass neben Bauleistungen auch Architektenleistungen ausgeschrieben werden müssen, gelte nur für öffentliche Auftraggeber, lautet seine Argumentation. Als Unternehmen, das Gewinn erwirtschaften solle und auf eigenes Risiko arbeite, habe dies für die Howoge allerdings nicht gegolten. "Wir waren von der öffentlichen Auftraggeberschaft suspendiert", behauptete Adam gegenüber den Mitgliedern des Ausschusses.

Demgegenüber betonte der SPD-Abgeordnete Daniel Buchholz, dass die Stadtentwicklungsverwaltung die Wohnungsbaugesellschaften schon 2002 in einem Schreiben darauf hingewiesen habe, dass die Vergabeordnung eingehalten werden müsse. Das Gleiche habe der Senat 2006 noch einmal beschlossen.

Für Ex-Howoge-Chef Adam war der Beschluss allerdings nicht bindend. "Dazu hätte es eines Gesellschafterbeschlusses des Landes Berlin bedurft. Diesen Beschluss gab es nicht." Als Eigentümer ist das Land Berlin alleiniger Gesellschafter der Howoge. Im Aufsichtsrat sitzen auch die Senatsverwaltungen für Stadtentwicklung und Finanzen.

Buchholz Argumente sind zugleich ein Hinweis auf die Verteidigungsstrategie der SPD. Das Drängen von Junge-Reyer auf Einhaltung der Vergabevorschriften soll die Senatorin aus der Schusslinie nehmen.

Attacke gegen Senat

Inwieweit das Erfolg haben wird, wird auch die Vernehmung der weiteren Zeugen zeigen. Im Mittelpunkt steht dabei ein Treffen von Junge-Reyer mit dem damaligen Finanzsenator Thilo Sarrazin und den Howoge-Chefs vom Juni 2006. Mit der Einladung dazu, sagte Adam am Freitag, sei ein Aktenordner verschickt worden, aus dem die Vergabepraxis der Howoge eindeutig hervorgegangen sei. Sowohl Junge-Reyer als auch ihr Aufsichtsratsvertreter Wolf Schulgen, so Adam weiter, "sind hochintelligente und hoch qualifizierte Menschen, die den Unterschied kennen müssten, ob man einen Auftragnehmer auswählt oder einen Auftrag ausschreibt".

Vor Adam hatte auch Ex-Howoge-Chef Bernd Kirschner jede Schuld von sich gewiesen. "Wenn der Senat der Meinung war, dass das alles hätte ausgeschrieben werden müsse", fragte Kirschner, "warum hat er dafür dann nicht gesorgt?"

Der Ausschuss tagt wieder am 6. Mai. Dann wird der ehemalige SPD-Abgeordnete Ralf Hillenberg die Vergabe an sein Büro aus seiner Sicht darstellen können. Zwei Wochen später werden Exfinanzsenator Sarrazin und Ingeborg Junge-Reyer (beide SPD) aussagen.

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