Architekturpreis für Schwimmbad-Idee: Wellness-Spaß bei Nofretete

Ein Berliner Projekt gewinnt einen hochdotierten Architekturpreis. Dafür soll aus dem Kupfergraben ein 750 Meter langes Schwimmbecken entstehen.

Eine Badeanstalt im Zentrum - so könnte sie aussehen. Bild: Photos© Holcim Foundation

Wer hätte vor zehn Jahren gedacht, dass heute Strandbars und Clubs, Badeschiffe oder Floating Houses zum typischen Berlin-Feeling zählen? In zehn weiteren Jahren könnte die Stadt um eine erneute Attraktion an der Spree reicher sein.

Geht es nach den Plänen der Berliner Architekten- und Künstlergruppe "realities:united" soll ab 2018 entlang des Kupfergrabens - zwischen Schlossplatz und dem Bodemuseum - das Projekt "Flussbad" entstehen. Auf 745 Meter Länge ist vorgesehen, die Spree über breite Ufertreppen für Schwimmer und Spaziergänger erreichbar zu machen. Mit dem riesigen, "frei zugänglichen Flussbad" würden die Nutzungen auf der Museumsinsel und am Lustgarten zugunsten bezirklicher, aber auch gesamtstädtischer Interessen vor Ort erweitert: Erst baden, dann Nofretete, so die Planer.

Was auf den ersten Blick etwas verrückt anmutet, hat nicht nur Charme, sondern einen durchaus ernsten Hintergrund. Das Flussbad-Projekt wurde gerade mit dem Hauptpreis des Holcim Award prämiert. Der Preis, den die Schweizer Holcim Foundation für nachhaltiges Bauen vergibt, ist mit 100.000 US-Dollar dotiert und ist damit seit Jahren eine der am höchsten dotierten Architekurauszeichnungen.

572 internationale Architekturbüros hatten sich an dem Wettbewerb 2011 zum Thema "Europa" beteiligt. Der zweite Preis wurde an die spanischen Architekten Carlos Arroyo Arquitectos vergeben. Eine Anerkennung ging an die Berliner Planer Sauerbruch & Hutton - die das GSW-Hochhaus realisierten - in Kooperation mit Arup und Experientia.

Eine Eintagsfliege scheint das Flussbad nicht zu werden: Seit 1998 arbeitet realities:united an Konzepten für die innerstädtische Spreelandschaft. Der Gewinn des Architekturpreises gebe dem Projekt jetzt zusätzlichen Schub, sagte Daniel Mock, Mitarbeiter des Büros, zur taz. Die Politik hätte "sehr positiv" reagiert. Ähnlich wie in Zürich, Luzern oder Bordeaux, wo die Flussbäder zur neuen Imagebildung der Stadt gehören, sollte auch in Berlin die Spree ihre Rolle verändern. "Die einseitige Widmung des Flusses als Verkehrsweg und Abwasserkanal, wie sie heute besteht, bietet keine Perspektive mehr", ist realities-Architekt Tim Edler überzeugt. Mit der "Umnutzung des Flussabschnitts" bestehe die Chance, den Fluss "als aktives Mittel für die Stadtentwicklung einzusetzen".

Viel Jurylob erhielten die Planer, die in Graz, New York und Berlin Projekte entwarfen: "Das Projekt ist ein exzellentes Beispiel dafür, wie man solche innerstädtischen Situationen weiterentwickelt, und wo bisher die Bedürfnisse der lokalen Bevölkerung übersehen wurden", sagte Jurymitglied Lucy Musgrave.

Hinzu kam, dass das Flussbad-Projekt eine ökologische Perspektive der verschmutzten Spree vorstellt: Damit sich die Schwimmer einmal in sauberes Wasser köpfen können, entwarfen die Architekten entlang der Fischerinsel ein dem Bad vorgeschaltetes Bio-Klärwerk. Auf 780 Meter Länge werde das Spreewasser durch ein Pflanzenfilterbecken aus Schilf geführt und "auf Badegewässerqualität gebracht", so Mock. Nicht in das Konzept integriert sei der Spree-Abschnitt auf der östlichen Seite der Museumsinsel und des Schlossplatzes, weil dort Schiffe verkehrten. Mock räumte aber ein, dass auch vor dem Bodemuseum zum Teil Transport- und Ausflugsdampfer kreuzten. Wie teuer das Projekt werden könnte, ließ er offen.

Sowohl in der Bau- als auch in der Kulturverwaltung stößt das Projekt auf Interesse. Der Entwurf belebe die Debatte um die Mitte. "Ich sehe hier einen architektonisch überzeugenden Entwurf für eine moderne urbane Nutzung, die in der Klarheit der Treppenanlage auch ästhetisch überzeugt", gratulierte verhalten Kulturstaatsekretär André Schmitz (SPD). Ob dieser technisch umsetzbar wäre, stehe freilich "auf einem anderen Blatt".

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