S-Bahn will ihre Probleme verdunkeln

S-BAHN Nach der Megapanne sollen zentrale Anlagen nur noch in den Nachtstunden getestet werden

Krisenmanagement nach Bahn-Art: Als Konsequenz aus dem Totalausfall von Donnerstag will die S-Bahn ihre Notstromkontrollen in die Nacht verlegen. Während der Woche ruht der Betrieb nachts für etwa drei Stunden – wenn dann in der Betriebszentrale etwas schiefgeht, kriegt es keiner mit. Am Donnerstagvormittag waren bei einem Routinetest die Notstromaggregate ausgefallen. Knall auf Fall standen alle S-Bahnen still, auch der Fern- und Regionalverkehr war betroffen. Der Verkehr normalisierte sich erst in den Abendstunden wieder. Die Panne ereignete sich im zentralen Stellwerk Halensee, von dem aus offensichtlich die Signale im ganzen Netz gesteuert werden.

S-Bahn-Sprecher Burkhard Ahlert sprach am Freitag von einem „schwarzen Tag für die S-Bahn“. Am System selbst wollen die Bahn-Töchter S-Bahn und DB Netz indes nichts ändern. Beide wiesen Kritik zurück, nicht aus den Vorfällen am Ostkreuz vor einem halben Jahr gelernt zu haben. Dort hatten Linksautonome Kabel in Brand gesteckt, woraufhin die Stromversorgung im Osten zusammenbrach. Das sei nicht vergleichbar, sagte ein Sprecher von DB Netz der taz. Damals sei kein Stellwerk betroffen gewesen.

Rückendeckung erhielt die Bahn-Tochter vom Leiter des Fachgebiets Bahnbetrieb an der Technischen Universität (TU), Jürgen Siegmann. „Die Bündelung aller elektronischen Stellwerke ist der Stand der Technik, alles andere wäre ein großer Rückschritt“, sagte er. Normalerweise könne dadurch auf Ausfälle besser reagiert werden. Auch Siegmann sah in dem jüngsten Ausfall keine Parallele zu den Anschlägen im Sommer.

Das Fachgebiet unterhält enge Kontakte mit der Bahn, unter anderem lehren DB-Ingenieure an der TU. Siegmann bekannte allerdings, das Chaos sei „kein Ehrenkranz für die Bahn“ gewesen. Dass sämtliche Rücksicherungen versagt hätten, sei bedenklich. Zu der Riesenpanne kam es, weil ein Ersatzwechselrichter nicht funktionierte und infolgedessen mehr als 30 Computer in der Betriebszentrale abstürzten.

Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) sprach sich dafür aus, Netz und Infrastruktur der Kommune zu übertragen. Zudem befürwortet er dezentrale Stellwerke, die im Notfall füreinander einspringen können. Verkehrssenator Michael Müller (SPD) wiederum kritisierte die Informationspolitik der S-Bahn und wiederholte seine Mahnung, solche Pannen dürften nicht vorkommen. Derzeit denkt die Landesregierung darüber nach, wie sie nach Auslaufen des Verkehrsvertrags 2017 mit dem S-Bahn-Betrieb umgehen will.

KAREN GRASS, KRISTINA PEZZEI