Raus aus der Kälte

OBDACHLOSE Der „Kälteschutz im Mehringhof“ sucht dringend Freiwillige, damit Wohnungslose weiter in die Notübernachtung kommen können

„Wir suchen akut Leute“, beginnt Martina den Infoabend im Mehringhof: akut, weil es klirrend kalt ist seit einigen Tagen und der „Kälteschutz im Mehringhof“ dringend neue Freiwillige braucht, um sein Angebot aufrechterhalten zu können. Die Initiative ist eine von 33 Schlafstätten für Wohnungslose in Berlin. In der Nacht zu Montag suchten 467 Menschen in der Stadt Obdach – freie Plätze gab es laut Berliner Kältehilfe jedoch nur 315.

Der „Kälteschutz im Mehringhof“ arbeitet ehrenamtlich. Er besteht aus einer „bunten Truppe Menschen mit dem Bedürfnis zu helfen“ sagt Martina. Die 27-Jährige engagiert sich seit drei Jahren für das Projekt. Weil gerade mehrere Aktive aus Berlin weggezogen sind, sagt sie, müssten nun neue Helfer gefunden werden. 15 Schlafplätze kann der Kälteschutz einmal pro Woche anbieten, 15 Helfer gibt es momentan. Weil die aber nicht jede Woche dabei sein können, braucht es mehr. Gekommen sind heute Abend vier potenzielle Mitarbeiter: der 20-jährige Finn, die FÖJ-lerin Marie, Tabea, die Public Management studiert und sich „schon immer mal engagieren wollte“, und die Bildhauerin Heike. „Wenn mir selbst kalt ist, finde ich das ganz schlimm“, begründet sie, warum sie gekommen ist.

Jeden Donnerstag können Obdachlose ab 18 Uhr in die Notübernachtung des Kälteschutzes kommen. Betreut werden sie im Schichtsystem: Zuerst gibt es ein warmes Abendessen, danach werden im Versammlungsraum Sport- und Isomatten ausgelegt. Die Nachtschicht sieht nach dem Rechten, bereitet das Frühstück vor – und weil die Räume tagsüber von politischen Gruppen genutzt werden, muss auch noch aufgeräumt werden. „Wir bekommen sehr positives Feedback von den Obdachlosen – auch, weil wir weniger strenge Regeln haben als die meisten“, sagt Martina. So ist den Gästen freigestellt, wann sie kommen, geöffnet ist die ganze Nacht. Und die Übernachtung ist umsonst.

Manche Helfer, sagt Martina, hätten nach einer Weile aufgehört mit der Arbeit im Mehringhof, weil sie „das Elend nicht mehr sehen konnten“. Man müsse bei diesem Engagement eben besonders auf seine Grenzen achten.

Schon seit den 1990er Jahren gibt es den Kälteschutz im Mehringhof, schon damals gab es immer wieder zu wenig Übernachtungsangebote, sagt Martina. Viele neue Helfer kommen auch heute nicht zusammen: „Der Donnerstag ist ungünstig für mich“, bedauert Marie. Die 29-jährige Tabea dagegen kann sich vorstellen zu kommen: „Ich werde reinschnuppern“, verspricht sie. MORITZ WICHMANN

■ Der Kälteschutz ist telefonisch unter (01 77) 7 04 21 95 zu erreichen