Die Zeichen der Zeit nicht erkannt

Zum Ende der „Kurbel“: Programmkinos brauchen heute tatsächlich Programm

VON SUSANNE MESSMER

Wenn wieder ein Programmkino schließt, besteht immer Grund zur Nostalgie. Und es stimmt traurig, dass nun auch noch der vorläufig letzte Versuch einer Anwohnerinitiative gescheitert ist, das Kino Kurbel in Charlottenburg durch einen Antrag auf Baustopp des dort geplanten Biosupermarkts zu retten. Denn die Zahl der kleinen, feinen und unabhängigen Kinos in den Städten sinkt stetig, auch in Berlin. Mal scheitern sie an Mieterhöhungen, mal an der digitalen Umrüstung, die zu teuer ist oder die sie nicht gefördert bekommen, weil sie die Bedingungen nicht erfüllen können.

Nicht selten schließen Programmkinos aber auch, weil sie die Zeichen der Zeit nicht erkannt haben. Denn der kleinste Teil des Publikums geht heute noch ins Kino, um einfach nur einen Film zu sehen, den man sich bequemer zu Hause aus dem Internet ziehen kann. Viele Programmkinos – oft die mit den jüngeren Betreibern – haben darauf reagiert. Die Tilsiter Lichtspiele in Friedrichshain zum Beispiel: Im flauschigen Kneipenbetrieb wird selbst gebrautes Bier ausgeschenkt, es werden Themenreihen geboten, Filmgespräche und sogar Zaubershows für Kinder.

Die gute Laune fehlte

All das hatte die Kurbel in Charlottenburg jedenfalls nicht zu bieten. Viele Filmkritiker warfen dem Kino seit Jahren Profillosigkeit des Programms vor. Es habe zu viele Betreiberwechsel gegeben. Und am Ende schloss Kurbel-Betreiber Tom Zielinski das Kino vorzeitig, weil er sich angeblich vor einem Flashmob der Retter fürchtete. Es hätte wohl besserer Laune bedurft, um in Zeiten wie diesen ein kleines Kino zum Brummen zu bringen.

Bericht SEITE 22