In der Burg fehlt die Bürgernähe

Jobcenter und ihre „Kunden“

VON GÜNTHER WAHRHEIT

Ein Argument für die Zusammenlegung von Arbeits- und Sozialämtern war, dass sich Bürger nur noch an eine Stelle wenden sollen: das Jobcenter. Diese Wortneuschöpfung schraubt die Erwartungen gleich wieder herunter: Früher hieß die Behörde Arbeitsamt, worunter sich jeder etwas vorstellen konnte. Jetzt wird keine Arbeit, sondern nur noch ein Job vermittelt.

Nun denkt der naive Zeitgenosse, dass der „Kunde“ einer Person gegenübersitzt, mit der er gemeinsam nach einer Lösung sucht. So ist es leider nicht: Die Sozialämter früher hatten offene Türen, die Jobcenter sind organisiert wie eine Burg. Beim Einlass wird erst einmal geklärt, wo die Probleme liegen. Spät, wenn überhaupt, kommen die Kunden zu einer VermittlerIn.

Anonyme Telefonzentralen

Gehen sie nach Hause und haben dann noch eine Frage, würden sie das gern telefonisch klären. Das geht aber nicht, da die SachbearbeiterInnen die Telefonnummern nicht herausgeben dürfen. Die Bürger landen bei einer Telefonzentrale, die eine Nachricht weitervermittelt. Die KollegInnen bei den Jobcentern berichten von ähnlichen Problemen: Bei Fragen an die zentrale Leistungsstelle in Nürnberg landen auch sie in einer Telefonzentrale.

Man hätte den Betroffenen (Bürgern) und allen Beteiligten (KollegInnen auf den Ämtern) zuhören und deren Ideen und Vorschläge berücksichtigen sollen. Die wissen, was wichtig ist: ein direkter Kontakt zwischen BürgerIn und BearbeiterIn. Eine persönliche Beziehung.

Günther Wahrheit, 68, taz-Genosse seit 2011, arbeitete von 1980 bis 2006 im Sozialamt Friedrichshain-Kreuzberg, zuletzt als Leiter