Die stärkste der Parteien

Die Linke in der Berliner SPD greift nach der Macht

VON UWE RADA

Fast scheint es, als hätte die Berliner SPD zu ihrem Markenkern zurückgefunden. Ohne Kungeln, Strippenziehen und Putschen hat es bislang noch keiner bei den Hauptstadtsozis nach oben geschafft: Weder Peter Strieder noch Klaus Wowereit, noch, wie es nun scheint, Jan Stöß. Nur Michael Müller durfte immer den braven Buben spielen – im Windschatten von Klaus Wowereit und als dessen Kronprinz. Der Partei dankte er es mit Küchenkabinettskultur. Die Partei dankt es ihm mit dem Messer im Rücken.

Freund und Feind

„Wir war’n die stärkste der Parteien“: So lautete der selbstironische Titel eines Buches, in dem ehemalige K-Gruppen-Kader mit ihrer Vergangenheit abrechneten. In der Berliner SPD ist diese K-Gruppen-Kultur noch präsent: Streitet man sich bei den Grünen wie am Küchentisch einer WG, geht es bei den Genossen nach wie vor um „Freund“ und „Feind“. Bloß, dass gerade keine Revolution vor der Tür steht, sondern eine große Koalition.

Der SPD-Linken – auch das gehört zum Durchmarschmodus – ist’s egal. Von Sieg zu Sieg muss sie nun schreiten, und sei es bei der Landesarbeitsgemeinschaft Migration. Ülker Radziwill ist abgewählt, furchtbarer könnte der Schlag gegen Frank Henkel nicht sein.

Den meisten Schaden fügt dieser Westentaschenstalinismus dem Regierenden Bürgermeister zu. Pflichtgemäß, wenn auch reichlich spät, hat sich Klaus Wowereit auf die Seite seines Buddys Müller gestellt. Nun droht er vom Furor der innerparteilichen Rebellion selbst mitgerissen zu werden.

Weiter so, Genossen. Die stärkste der Parteien, das wird beim nächsten Mal die CDU!

Bericht und Interview SEITE 22