Machtkampf in der SPD: "Ich kann uns ein Profil geben"

Müller-Herausforderer Jan Stöß über seine Kandidatur, die Position des Regierenden Bürgermeisters und darüber, was Linkssein heute für ihn bedeutet

Blick nach Links: Verwaltungsrichter Jan Stöß kandidiert im Juni für den Berliner SPD-Vorsitz - gegen Senator Michael Müller. Bild: dapd

Herr Stöß, der Regierende Bürgermeister hat Ihre Kandidatur für den SPD-Vorsitz als „Profilierungsversuch“ abgetan. Wie gehen Sie damit um?

Meine Kandidatur ist ein Angebot, die Berliner SPD stärker zu profilieren. Insofern liegt Klaus Wowereit gar nicht so verkehrt.

Halten Sie das bei aller erlaubten Parteinahme noch für fair?

Das geht schon in Ordnung, natürlich muss der Regierende Bürgermeister seinen Stellvertreter im Regierungsamt unterstützen, da bleibt ihm doch gar nichts anderes übrig. Entscheiden muss am Ende allerdings die Partei.

Müssen Sie nun Doppelwahlkampf machen – nicht nur gegen Müller, sondern auch gegen Wowereit?

Wahlkampf macht man gegen andere Parteien, wir werden in Foren und bei den Kreisdelegiertenversammlungen über den besten Weg diskutieren.

Wie soll eine solche Kampagne aussehen, ohne dass die SPD dabei in der öffentlichen Wahrnehmung darunter leidet?

Gegenfrage: Wieso ist eine zweite Kandidatur um den Landesvorsitz in einer demokratischen Partei gleichbedeutend mit Chaos und Zersetzung? Es ist doch gut, dass die SPD im wahrsten Sinne die Wahl hat.

Der linke Stöß und der rechte Müller, heißt es immer. Dabei ist es gerade Müller, der sich als Senator für eine andere, grob gesagt linkere Mietpolitik einsetzt. Was macht Sie da so viel linker, profilierter?

Links sein heißt für mich jedenfalls, dass ich Veränderung, Erneuerung und gesellschaftlichen Fortschritt nicht für etwas Gefährliches halte, vor dem man Angst haben muss. Angst nutzt immer nur denen, die keine Veränderung wollen. Und ich kann ein Angebot machen, der Partei ein klares, eigenständiges Profil zu geben. Dass bei den Mieten dringend etwas passieren muss, da haben Sie recht. Mein Kreis Friedrichshain-Kreuzberg hat hierzu schon seit Anfang 2009 viele Vorschläge gemacht – umgesetzt wurde leider wenig. Außer dass die Mieten in manchen, gerade innerstädtischen Kiezen explodiert sind.

Nennen Sie doch mal konkret drei Dinge, bei der Wowereit und die SPD-Senatoren in den ersten vier Monaten der rot-schwarzen Koalition zu wenig SPD-Gedankengut durchsetzen konnten?

Da liegt ein Missverständnis vor: SPD-Fraktion und die SPD-Senatsmitglieder haben einen guten Start hingelegt. Trotzdem gibt es natürlich Punkte, wo die SPD ihre Position nicht durchsetzen konnte.

Wie erklären Sie sich denn, dass Sie auch von SPD-Kreisverbänden wie Neukölln unterstützt werden, die definiv nicht zum linken Flügel gehören? Die hätten Sie mit Posten eingekauft, ist zu hören.

Das ist Unsinn. Aber es ist richtig und die Aufgabe eines Vorsitzenden, die Partei in ihrer Breite einzubinden, also auch die pragmatischen Kreise. Denn eine breite Aufstellung macht eine Volkspartei aus. Deshalb freue ich mich über Unterstützung aus allen Kreisen der Berliner SPD.

Ist die Auseinandersetzung um den Parteivorsitz für Sie überhaupt ein Flügelstreit? Oder geht es Ihnen um die Person Müller, die vielen zu farblos erscheint?

Es ist kein Flügelstreit, sondern der Vorschlag für eine breitere Einbindung und für mehr Raum zur Diskussion.

Warum haben Sie nicht auf den Vorschlag von Müller unterstützt, per Mitgliederbefragung und nicht bei einem Parteitag über den künftigen Landeschef zu entscheiden? Haben Sie Angst vor der Basis?

Ich habe mich bei der Frage enthalten, weil sich ein Kandidat kein Verfahren aussuchen kann, bei dem man sich vermeintlich bessere Chancen ausrechnet.

Manche halten die Wahl schon für entschieden, weil es im Landesvorstandam Montag eine klare Mehrheit gegen die Müller-Idee des Mietgliedererntscheids gab. Und Sie?

Ich habe gestern meine Kandidatur erklärt, jetzt beginnt der demokratische Prozess gerade erst. Entschieden ist noch gar nichts, es fängt gerade erst richtig an.

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