Michael Müller gibt nicht auf

SPD-VORSITZ Die Mitgliederbefragung ist immer noch nicht vom Tisch. Linke erobert Arbeitskreis

Die Niederlage kam unerwartet, und sie war deutlich. Mit 15 zu 9 Stimmen votierten die Mitglieder des SPD-Landesvorstands am Montagabend gegen eine Mitgliederbefragung über den künftigen SPD-Landesvorsitzenden. Es war Amtsinhaber Michael Müller, der ein solches Votum als „starke Empfehlung für den Parteitag“ gefordert hatte – und unterlag. Zuvor war man im Lager von Michael Müller davon ausgegangen, im Landesvorstand eine Mehrheit zu haben.

Vor der Sitzung hatte der Kreischef von Friedrichshain-Kreuzberg, Jan Stöß, seine Kandidatur gegen Müller beim Parteitag am 9. Juni bekannt gegeben – und damit eine lange Hängepartie beendet. Bei der Abstimmung im Landesvorstand enthielt sich Stöß der Stimme. Wohl auch, weil er wusste, dass Müller keine Mehrheit mehr hat.

Stimme verweigert

Einer, der dem Noch-Chef die Stimme verweigerte, ist Michael Arndt, der Chef des mitgliederstarken Kreises Steglitz-Zehlendorf. Bislang gilt sein Kreisverband als Stütze für Müller. Gegenüber der taz begründete Arndt seine Ablehnung mit der politischen Kultur im Südwesten: „Die Mehrheit der Mitglieder sind Bildungsbürger. Die stehen nicht unbedingt für eine Revolution bei der Meinungsfindung.“ Eine Absetzbewegung? Eher Opportunismus, meint ein Mitglied des Abgeordnetenhauses. Schließlich stehe Arndts Bestätigung als Kreischef noch aus.

Dass der Machtkampf inzwischen auch die Arbeitskreise der Partei erreicht hat, zeigte die Sitzung der Landesarbeitsgemeinschaft Migration im Anschluss an die Sitzung des Landesvorstandes. Dort stellte die Parteilinke um Jan Stöß einen Gegenkandidaten gegen die langjährige Vorsitzende Ülker Radziwill auf. Offenbar war es dem linken Lager ernst: Statt der erwarteten 250 Teilnehmer kamen 340. Das Ergebnis: Radziwill wurde abgewählt. „Anschließend lagen sich die Stöß-Leute in den Armen, das war richtig widerlich“, kommentierte eine Teilnehmerin. Zu den Feiernden gehörten auch zahlreiche Pankower, ein SPD-Bezirk, von dem bislang unklar war, auf wessen Seite er steht.

Inzwischen glauben auch im Müller-Lager nur noch wenige an einen Erfolg am 9. Juni. Vor allem in Charlottenburg-Wilmersdorf, wo sich die Delegierten früh auf Müller festlegten, gibt es deshalb Überlegungen, die Mitgliederbefragung auf anderem Wege als über den Landesvorstand möglich zu machen. „Wenn vier Kreisverbände das beantragen, dann muss es eine solche Befragung geben“, sagt ein SPD-Mann.

Neben Charlottenburg-Wilmersdorf und dem ebenfalls zum Müller-Lager zählenden Kreisverband Tempelhof-Zehlendorf kämen da die Kreise Steglitz-Zehlendorf und Treptow-Köpenick in Betracht.

Kreischef Michael Arndt ist einem solchen Verfahren gegenüber aufgeschlossen. „Wenn es einen Antrag gibt, können wir bei der Kreisdelegiertenversammlung am Samstag darüber abstimmen“, sagte Arndt am Dienstag der taz. UWE RADA