… DIE UNIVERSITÄT DER KÜNSTE?
: Spät wach werden

Wer es noch nicht mitbekommen hat: In London laufen derzeit die 30. Olympischen Spiele der Neuzeit. Wie alle vier Jahre üblich treffen sich Athleten und solche, die sich dafür halten, und kämpfen um Medaillen. Am Schluss sind viele traurig und einige so glücklich, dass sie sich vor Freude das Trikot zerreißen. Etwa Robert Harting vom SC Charlottenburg, der am Dienstagabend im Diskuswerfen Gold holte.

Zur gleichen Zeit saß der Präsident der Universität der Künste (UdK) vor der Glotze und schaute Harting beim Siegen zu. Offenbar nicht ohne Emotion: Martin Rennert habe mitgefiebert und die Daumen gedrückt, verkündet die Pressestelle der ehrwürdigen Hochschule. Und zitiert den Professor für Konzertgitarre mit den Worten: „Wir sind stolz auf ihn.“ Rennert outete sich zudem als echter Experte: Das „verdiente olympische Gold“ sei „zweifellos der Höhepunkt“ von Hartings Karriere. Seiner bisherigen, wohlgemerkt.

Wie kommt es, dass ein Mann, der seit Jahrzehnten als Solist in Konzerthäusern auftritt, für einen recht rustikal auftretenden anderen Mann schwärmt, der mithilfe der Urschreimethode kleine runde Scheiben durch die Gegend wirft? Des Rätsels Lösung: Rennert ist auch Präsident von Harting. Der Sportsoldat studiert seit Oktober 2009 an der UdK das Renommierfach Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation, eine bisweilen wilde und personell äußerst heterogene Mischung aus Sozialwissenschaften und Marketing. Puh … das hätte man nicht gedacht, wenn man Hartings meist prollige Auftritte vor und nach den Wettkämpfen im Kopf hat. Besser noch: Harting gilt als überaus engagierter Student. Und ein weiteres ungewöhnliches Faible ergibt die Recherche über den gern als „Goldjungen“ titulierten Leichtathleten: Der Mann malt abstrakt. Die Qualität dieser Werke ist zwar umstritten, trotzdem ist Harting dank seiner WM- und Olympia-Titel einer der erfolgreichsten UdK-Studierenden überhaupt.

Die Frage ist nun: Wann ist das dem Konzertgitarristen klar geworden? Die Pressemitteilung mit der öffentlichen Gratulation kam erst eineinhalb Tage nach dem Medaillengewinn. Da hatte Harting bereits die Nacht durchgefeiert, seine Akkreditierung verschlampt, deswegen kurzzeitig vor dem Olympiadorf gepennt, die Siegerehrung überstanden und sich vielleicht sogar schon wieder ein neues Trikot besorgt. Ein bisschen athletischer darf’s künftig schon sein, liebe UdK! BIS Foto: dapd