Die wandelbare Frau Schmid

GEHEIMDIENST-CHEFIN GEHT

Es ist wohl die Logik des politischen Skandals, dass einer geht – auch wenn das diesmal keiner will

Als die Sätze gefallen waren, am Mittwoch, im Saal 113 des Abgeordnetenhauses, herrschte – Stille. Verfassungsschutz-Chefin Claudia Schmid habe ihn um Versetzung gebeten, hatte Innensenator Frank Henkel (CDU) da mitgeteilt. Dem komme er nach, auch wenn er es sehr bedauere.

Alle sekundierten: „Vertrauensvoll“ habe man zusammengearbeitet (SPD), „ungewöhnlich offen und kompetent“ sei Schmid gewesen (Piraten). Reihum nur Lob. Am Ende bedankte sich die Zurückgetretene bizarrerweise „für die netten Worte“.

Ein Rücktritt, den keiner wollte – das schafft die Politik selten. Vielleicht ist es aber auch eher Erschrecken vor den gerufenen Geistern. Denn rief man da nicht allerseits nach „personellen Konsequenzen“, als bekannt wurde, dass Schmids Verfassungsschutz zweimal widerrechtlich Neonazi-Akten mit möglichem NSU-Bezug geschreddert hatte?

Es ist wohl die Logik des Skandals, dass am Ende einer geht. Dass es Claudia Schmid traf, ist nicht so „kurios“, wie viele jetzt meinen. Spät und verdruckst hatte sie über die Schreddereien informiert. Die Totalumkehrung ihrer Rolle in 24 Stunden ist nur das Finale des wechselvollen Bilds von ihr in der Öffentlichkeit: Als „Revolution“ lobte es der Tagesspiegel, als die Datenschützerin 2001 das skandalverseuchte Amt übernahm. Fünf Jahre später flog auf, dass die Behörde das peacige Sozialforum beschattete – und Schmid war „auch nur Teil des Apparats“ (taz). Dann Vorzeigeaufklärerin über salafistische und linke Gewalt. Nach dem Aktenschreddern wieder eine, die „besser heute als morgen zurücktreten muss“ (Morgenpost). Und nun, nach ihrem Rücktritt: die „Integere“ (Berliner Zeitung).

Für ihre Nachfolge, heißt es, brauche man jemand wie – Schmid. Die aber ist erst mal weg. Vielleicht nicht lange. In Thüringen und Sachsen-Anhalt suchen sie noch nach Verfassungsschutzleitern. KONRAD LITSCHKO