Erstwohnsitz ist weniger wert

HOCHSCHULE Zugezogene Studenten bekommen ab dem neuen Semester weniger Begrüßungsgeld. Das Land Berlin folgt damit einem Bundestrend

Zugezogene Studenten müssen ab dem kommenden Wintersemester in Berlin kleinere Brötchen backen. Der Senat hat das Begrüßungsgeld für Studierende gekürzt, die ihren Erstwohnsitz in Berlin melden.

Jedes Jahr ziehen zehntausende Studienfrischlinge an die Spree. Derzeit studieren nach Senatsangaben 147.000 Studenten an Berliner Hochschulen, wovon sich 31.000 im vergangenen Herbst neu eingeschrieben haben. Nur ein Drittel der Studienanfänger kommen aus Berlin, jeweils ein Drittel seien Zugezogene aus anderen Bundesländern und Studenten aus dem Ausland, sagt Thorsten Metter, Sprecher der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft.

Pro Student erhält die Stadt etwa 3.600 Euro aus dem Länderfinanzausgleich – wenn die Neuberliner ihren Erstwohnsitz hier anmelden. Als kleinen Anreiz hat das Land Berlin dafür bislang einmalig ein Begrüßungsgeld in Höhe von 100 Euro gezahlt.

Streichung befürwortet

Vor einem Monat entschied das Parlament bei der Haushaltsverabschiedung, das finanzielle Willkommensgeschenk ab dem kommenden Wintersemester auf 50 Euro zu halbieren. Der Wissenschaftsausschuss des Abgeordnetenhauses hatte zuvor gar eine komplette Streichung befürwortet. „Wir sind der Ansicht, dass 50 Euro kein ernsthaftes Anreizargument vor dem Hintergrund knapper Mittel darstellen“, sagt der wissenschaftspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Lars Oberg, der dem Ausschuss angehört. Der Betrag sei seiner Meinung nach „ein Schatten des früheren Effekts“ und solle lieber allen Studenten zugute kommen und die Studiensituation verbessern.

Statt einer Streichung soll das gesparte Geld jetzt umverteilt werden: So erhält das Chancengleichheitsprogramm für mehr Frauen in Wissenschaft und Lehre eine 400.000 Euro jährlich umfassende Förderung. Auch in Hilfen für Studenten mit Behinderungen werden 200.000 Euro zusätzlich investiert, hier handele es sich unter anderem um Gebärdendolmetscher und Übersetzungen von Texten in Blindenschrift, sagt Thorsten Metter von der Bildungsverwaltung.

2002 führte der Senat das Begrüßungsgeld für hinzugezogene Studenten ein. Mit der Kürzung knüpft Berlin nun an einen bundesweiten Trend an: Leipzig zahlte bis zum vergangenen Jahr sogar pro Semester knapp 50 Euro an zugezogene Studenten. Letztes Jahr beschloss die Stadt rückwirkend, nur noch eine Einmalzahlung in Höhe von 150 Euro als „Zuzugsbonus“ zu gewähren. Frankfurt am Main strich vor drei Wochen die 100 Euro Einmalzahlung, um das klaffende Haushaltsloch zu stopfen. In kleineren Hochschulstädten, die noch um Studenten konkurrieren müssen, liegt der Fall anders: Unter dem Motto „Magdeburger werden, studieren und kassieren!“ zahlt die Stadt insgesamt 160 Euro in drei Halbjahresraten.

Für den Umzug nach Berlin sprächen wohl andere Motive als das Begrüßungsgeld, sagt Metter. Das sei schließlich nur als Anreiz zum Ummelden gedacht.JANINA BEMBENEK