Grün ist die Hoffnung

LINKE SUCHT NEUEN PARTNER

Die Reaktionen der Grünen sind durchwachsen. Ganz abgeneigt ist man nicht

Stefan Liebich war einer der Überraschungssieger der Bundestagwahl 2009 – er schnappte Wolfgang „Schrippe“ Thierse (siehe Text links) den Wahlkreis Pankow vor der Nase weg. Vier Jahre später will er dieses Revier verteidigen. Sprich: Liebich, einst Landes- und Fraktionschef der Linken, ist im Wahlkampf.

Und er macht sich so seine Gedanken. Einschließlich Hintergedanken. Im taz-Interview stellte er Mitte der Woche eine „verwegene Idee“ vor: „Ich würde gern unserer Partei und dem Landesverband von Bündnis 90/Die Grünen vorschlagen, dass sie darum kämpfen, Deutschlands erste Landesregierung ohne SPD und ohne CDU zu bilden.“ Es spreche schlicht nichts mehr dafür, „mit dieser SPD“ zu koalieren. Da das Wählerpotenzial von Linken und Grünen bei jeweils mindestens 20 Prozent liege, gebe es die realistische Chance, ein solches Bündnis umzusetzen.

Die Reaktionen auf grüner Seite sind durchwachsen, gänzlich abgeneigt ist man nicht. So hält zwar Fraktionschefin Ramona Pop die Linkspartei „für eine absolute Oppositionsfraktion, die sich noch von der Regierungszeit erholt“. Landeschef Daniel Wesener indes lobte Grün-Links als „interessantes Modell“, das inhaltlich viel sinnvoller sei als Grün-Schwarz. Derweil hat Linksparteichef Klaus Lederer für Grün-Links schon ein Programm parat: den „sozialökologischen Stadtumbau“.

Wenn die BER-Pannenserie nicht kurzfristig für Klaus Wowereits Totalabsturz sorgt, ist es freilich noch ein paar Tage hin bis zur nächsten Abgeordnetenhauswahl. Wo die beiden Parteien bis dahin inhaltlich und personell stehen, ist offen. Warum also drängt der 40-jährige Bundestagsabgeordnete aufs landespolitische Parkett?

Ein Grund dürfte in seinem Wahlkreis liegen. Der ist für ihn keinewegs eine sichere Bank, obwohl Wolfgang Thierse gar nicht mehr antritt. In den vergangenen Jahren hat sich die Bevölkerung in ganz Pankow stark verändert, steigende Mieten haben viele alteingessene (Linke-)Wähler verdrängt. Es kam eine teils neobürgerliche Klientel, die schon in der Vergangenheit gerne grün wählte. Um seine Chancen zu verbessern, stehen einem Linkspartei-Kandidaten ein paar grüne Tupfer also ganz gut.

Gelingt Stefan Liebich die links-grüne Melange und holt er Pankow noch mal, hätte er für seine Idee ein erfolgreiches Beispiel geschaffen – sich selbst. Und wäre damit der erste Kandidat für einen Senatorenposten. Mehr kann man doch gar nicht wollen. BERT SCHULZ