Rassistischer Angriff ruiniert Pizzabäcker

PROZESS Der mutmaßliche Messerstecher H. gilt als schuldunfähig. Seine Opfer gehen wohl leer aus

Im Prozess um zweifachen Mordversuch aus fremdenfeindlichen Motiven werden die Beweise am dritten Prozesstag gegen den Angeklagten immer erdrückender. Dem 25-jährigen Arbeitslosen Stefan H. aus Schöneweide wird zu Last gelegt, im Oktober 2011 auf einen Pizzabäcker und vier Monate später auf einen Mithäftling in der Justizvollzugsanstalt Plötzensee eingestochen zu haben. Beide Opfer überlebten die Angriffe nur knapp.

In seiner Wohnung fand die Polizei einen Messerblock, der vom selben Hersteller stammt wie die Tatwaffe. An die Wände waren Hakenkreuze gemalt. Auf dem Tisch lag ein Zettel mit dem Horst-Wessel-Lied. Mehrere Zeugenaussagen belasten den Angeklagten schwer. H. gibt an, gegen den Mithäftling aus Notwehr gehandelt zu haben. Zum Angriff auf den Pizzabäcker schweigt er. H. war bereits als Jugendlicher als Intensivtäter bekannt.

Voraussichtlich wird Stefan H. nicht verurteilt werden können: In einem Gutachten wurde er für schuldunfähig erklärt. H. selbst lehnt es ab, mit der Gutachterin zu reden. Er spricht auch nicht mit seinem Pflichtverteidiger und möchte sich stattdessen selbst verteidigen. Im Krankenhaus des Maßregelvollzugs lässt er niemanden an sich heran und lehnt Medikamente ab. Das Gutachten gründet sich auf Aussagen von Familienmitgliedern. Demnach habe H. unter Wahnvorstellungen gelitten.

Opfer jetzt arbeitslos

Die Schuldunfähigkeit ist auch relevant für eine mögliche Entschädigung der Opfer. Wenn er als schuldunfähig gilt, hat der libanesische Staatsbürger, der die Pizzeria betrieb, kein Anspruch auf Schmerzensgeld oder Wiedergutmachungszahlungen. Sein Bruder, der ihn in der Pizzeria schwer verletzt vorfand, erklärte, dass er den Laden aufgegeben habe, weil er dort immer an die Tat erinnert werde. Jetzt sind beide arbeitslos.

Das zweite, aus Vietnam kommende Opfer, das in der Haftanstalt Plötzensee mit einem Messer angegriffen wurde, kann an dem Prozess nicht weiter teilnahmen, weil er abgeschoben wurde. Biplab Basu von der Opferberatung Reach Out kritisiert das Vorgehen: „Es ist ein Skandal, dass der Mann an dem Prozess nicht weiter teilnehmen darf.“ Derzeit sei völlig unklar, ob er im Vietnam medizinische Versorgung erhält. „Die Bundesregierung müsste alles dafür tun, damit er versorgt wird.“

Der Prozess wird am 24. Januar fortgesetzt. Das Urteil wird für Ende Februar erwartet.

MARTIN RANK