Eine trostlose Angelegenheit

BER I Gut möglich, dass der Flughafen nie fertig gebaut wird, sagt Martin Delius, Chef des BER-Untersuchungsausschusses. Als Grund dafür sieht der Pirat explodierende Kosten

VON KONRAD LITSCHKO
UND BERT SCHULZ

Bleibt die Flughafen-Baustelle eine Investitionsruine im märkischen Sand? Das ist gut möglich, erklärt der Vorsitzende des BER-Untersuchungsausschusses im Abgeordnetenhaus. „So langsam kommen wir finanziell in einen Bereich, wo die Mittel, die wir noch ausgeben müssen, größer sind als jene, die wir schon ausgegeben haben“, sagte Martin Delius (Piraten) im Interview mit der taz. Die Frage sei deswegen nicht mehr, wann der Flughafen fertiggestellt werde, sondern ob. Die Situation sei „trostlos“, so der Politiker.

Vor zweieinhalb Jahren platzte der erste groß angekündigte Eröffnungstermin wegen umfangreicher technischer Schwierigkeiten. Seitdem hangeln sich Betreibergesellschaft und Aufsichtsrat des von Berlin, Brandenburg und dem Bund finanzierten Projekts von einem Hoffnungsschimmer zum nächsten. Weitere Eröffnungstermine mussten abgesagt werden, der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD), bis Januar zugleich Chef des Aufsichtsrats, stand vor dem Ende seiner politischen Karriere. Seit März darf sich Ex-Bahn-Chef Hartmut Mehdorn als Geschäftsführer der Flughafen GmbH daran versuchen, das Anfang der 90er Jahre initiierte Projekt fertigzustellen. Am Freitag tagt der Untersuchungsausschuss des Parlaments wieder, als Zeuge geladen ist auch Rainer Bomba, Staatssekretär im CSU-geführten Bundesministerium für Verkehr und ebenfalls Mitglied des Aufsichtsrats. Und am Mittwoch kommender Woche trifft sich dieser zu seiner nächsten Sitzung.

Nie rentabel

Selbst wenn der Flughafen fertig gebaut würde, bedeute dies nicht das Ende der Zuschüsse durch Land und Bund, ist sich Pirat Martin Delius sicher. „Der Flughafen wird ein Verlustgeschäft sein“, sagt er. Und die Flughafengesellschaft werde dann keine anderen eigenen Einkünfte außer diesem Flughafen haben. Denn der innerstädtische Flughafen Tegel muss aus juristischen Gründen nach der Eröffnung des BER geschlossen werden. „Wirtschaftlich wird dieses Projekt nie werden.“

Als Problem stelle sich zudem immer mehr heraus, dass der Flughafen zu nahe an der Hauptstadt gebaut wird, erklärt Delius. „Schönefeld ist für einen Großflughafen nicht geeignet.“ Genehmigt ist dieser bis zu einer Größe von 45 Millionen Passagieren pro Jahr. Das mache jedoch keinen Sinn, weil von den Folgen des Flugverkehrs dann „über 100.000 Menschen betroffen“ wären. Tegel wird just aufgrund der zu hohen Lärmbelastung und der starken Gefährdung zu vieler Anwohner geschlossen.

Delius drängt nun darauf, den BER schnellstmöglich fertigzustellen – allerdings auch so billig wie möglich „mit deutlich geringeren Kapazitäten als geplant“.

Von Januar bis September 2013 fertigten die beiden Flughäfen Tegel und Schönefeld knapp 20 Millionen Passagiere ab, auch in diesem Jahr ist ein neuer Rekord sehr gut möglich, teilte die Flughafengesellschaft vergangene Woche mit. Wahrscheinlich stieße ein BER im von Delius gewünschten Ausbau deshalb rasch an seine Grenzen. Berliner Passagiere sollten auch den Flughafen Halle/Leipzig nutzen, sagt der Piraten-Politiker. Auf lange Sicht sei laut Delius ein Neubau eines weiteren Großflughafens in Ostdeutschland nötig – allerdings „mitten in der Pampa“, um die Belastung der Anwohner möglichst gering zu halten. Wo das sein könnte, ließ er indes offen: „Über den Standort kann ich seriös aber nichts sagen.“

Die Flughafengesellschaft wollte sich zu den Aussagen von Delius nicht im Detail äußern. Sprecher Ralf Kunkel teilte lediglich mit, dass diese „offensichtlich keine sachliche Grundlage“ hätten, sondern bloße „Vermutungen und Spekulationen“ seien.

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