Bürger beteiligen und bezahlen!

MEGAMEDIATIONSVERFAHREN

Irgendwann blieb man nur noch dabei, weil man schon so lange dabei war

Die paar Bürger, die durchgehalten hatten, bekamen am Dienstag einen trockenen Händedruck und die verbale Anerkennung von Felix Stenschke, Unterabteilungsleiter im Bundesverkehrsministerium: „Ich darf allen, die daran beteiligt waren, die sechs Jahre ihre Freizeit geopfert haben, um den Prozess mit uns zu diskutieren, danken für die Arbeit, die sie gemacht haben.“

Im Jahr 2007 waren die Bürger, die die Bäume am Landwehrkanal retten wollten, noch die Buhmänner. Der Bund, dem der Kanal gehört, wollte 200 Bäume fällen, weil diese angeblich die Ufermauern belasteten. Rund 1.000 Menschen demonstrierten für die Bäume, die Politik setzte ein Mediationsverfahren in Gang, das jetzt zu einem Ende gekommen ist. Das Ergebnis: Die Bäume waren in Wirklichkeit nie eine Gefahr. Das Ufer wird jetzt auf schonendere Weise saniert, und billiger ist das auch noch.

Aber warum hat das Mediationsverfahren eigentlich so viele Jahre gedauert? „Wir sind im positiven wie im negativen Sinne eine gute preußische Verwaltung“, sagte Stenschke am Dienstag. „Und zu den Kernkompetenzen einer preußischen Verwaltung gehört nicht unbedingt Serviceorientierung und Kommunikationsbereitschaft.“

Am runden Tisch mit den Bürgern saß allerdings nicht nur eine gute preußische Verwaltung, da saßen viele: die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, das Landesdenkmalamt, die Wasser- und Schifffahrtsdirektion Ost, das Wasser- und Schifffahrtsamt Berlin, die Bezirke Neukölln, Mitte, Treptow-Köpenick, Friedrichshain-Kreuzberg und Charlottenburg-Wilmersdorf. Und außerdem die Wasserbetriebe, die IHK und der Reederverband.

All diese Institutionen schickten ordentlich bezahlte Vertreter. Nur die Bürger bekamen nichts. Nichts für sechs Jahre Arbeit mit – in der Regel – monatlichen Sitzungen. Nichts für mehr als 1.000 Arbeitsstunden.

Das fachliche Ergebnis der Mediation ist ein riesiger Erfolg. Aber vom Aufwand her kann man niemandem raten, sich auf so etwas einzulassen. Die Bürger machten auch nur mit, weil sie dachten, es würde ein halbes Jahr dauern. Und nach einem halben Jahr dachten sie, es würde zwei Jahre dauern. Und irgendwann blieb man nur noch dabei, weil man schon so lange dabei war.

Aber wie will man so in Zukunft noch Leute finden, die bei solchen Mammutverfahren mitmachen? Wenn der Politik die Beteiligung der Bürger wichtig ist, muss sie sie auch angemessen bezahlen. SEBASTIAN HEISER