Zehn Minuten mit Lauer

GESPRÄCH Der Pirat tippte das Interview selbst und bestand auf dieser Version. Gerne!

Lauer machte auf unseren Mitarbeiter einen aggressiven Eindruck

Die Piraten wählen auf ihrem Parteitag am 1. und 2. März einen neuen Landesvorstand. Der Abgeordnete Christopher Lauer kandidiert als Vorsitzender. Der bisherige Vorstand unter Vorsitz von Gerhard Angerer trat öffentlich nicht sonderlich in Erscheinung: Das Gremium sah sich selbst eher in verwaltender Funktion. Lauer will das ändern: „Der Landesverband braucht in der Öffentlichkeit eine Stimme“, schreibt er in seiner Kandidatur. Der Landesverband müsse „im Zweifelsfall ein Gegengewicht insbesondere zur Abgeordnetenhausfraktion bilden können, die die öffentliche Wahrnehmung der Piraten in Berlin komplett dominiert“.

Um zu erfahren, wie Lauer die Wahrnehmung der Piraten verbessern will, vereinbarten wir einen Interviewtermin mit ihm im Abgeordnetenhaus. Das Gespräch dauerte knapp zehn Minuten. Unser Mitarbeiter fand Lauer dabei unangenehm aggressiv. Anschließend sendeten wir Lauer eine zusammengefasste Druckfassung zum Gegenlesen. Lauer war damit allerdings nicht einverstanden. Er hatte während des Interviews auch selbst ein Band mitlaufen lassen. Lauer selbst oder ein Mitarbeiter hat das ganze Gespräch dann Wort für Wort abgetippt und an die taz zum Abdruck geschickt. Lauer schrieb uns: „Ich betone noch einmal explizit, dass ich das Interview nur in dieser Form freigebe, jede Kürzung bedarf der weiteren Autorisation durch mich.“ Wir drucken das Interview, weil wir glauben, dass es einen aufschlussreichen Blick auf den Kandidaten zulässt.

Lauer fällt im Parlament mit scharfzüngigen Abrechnungen mit dem Senat auf. Jeden spontanen Zwischenruf kontert er mit einer schlagfertigen Antwort. Ab Juni 2012 war er Vorsitzender der Piratenfraktion. Er brachte aber seine Fraktionskollegen gegen sich auf, als er im Mai 2013 eine Hexenjagd eröffnete: Auf einer Pressekonferenz teilte er mit, jemand aus der eigenen Fraktion habe Informationen über Lauers Privatleben an Journalisten weitergegeben. Die Informationen stünden nur „einem sehr kleinen Personenkreis zur Verfügung – vier, fünf Personen maximal.“ Er kündigte an, den Verräter zu finden und aus der Fraktion zu werfen, was für erheblichen Unmut unter seinen Kollegen sorgte. Lauer kündigte schließlich an, nicht erneut als Fraktionsvorsitzender zu kandidieren: Er wolle sich mehr auf sein Privatleben sowie die Arbeit im Innen- und Kulturausschuss konzentrieren.

SEBASTIAN HEISER