Endlich! Berlin wird wieder Weltspitze

HOLADAITTIJO Mehr als zehn Jahre nach der Verabschiedung des wegweisenden Berliner Seilbahngesetzes steht fest: Bis 2017 bekommt Berlin seine erste Luftbahn. Der Kienberg in Marzahn schreibt damit Geschichte

Die IGA-Seilbahn ist nicht das erste Projekt, das – nun ja, äußerst kreativ auf den unbefangenen Betrachter wirken mag.

■ M-Bahn (= Magnetbahn). Die Zulassung für den Passagierbetrieb (1989–91) verzögerte sich, als ein Zug bei einer Testfahrt ungebremst durch die Außenfassade eines Bahnhofs fuhr. Eingemottet zugunsten der U-Bahn-Linie 2.

■ Transrapid. Ein Wurstfabrikant aus dem Ostwestfälischen hatte 1966 die Idee, die Bundesregierung war willens, Edmund Stoiber gab dem Projekt den nötigen rhetorischen Stubs (s. Text rechts). Geholfen hat alles nichts: Deutschland bekam den ICE, die Magnetbahn fährt bis heute nur in China.

■ Tempelhofer Feld. Ein Berliner Architekt wollte 2009 einen 1.071 Meter hohen Berg auf dem Areal aufschichten. Der Siegerentwurf sah nur noch einen Kletterfelsen vor – dem Senat am Ende zu teuer.

■ Marina Mall in Abu Dhabi, Shopping-Mall mit Skihalle – den Scheichs gelang es bis heute nicht, den Schnee zu produzieren. (akl)

VON UWE RADA

Als das Berliner Abgeordnetenhaus auf Druck der EU in Brüssel vor mehr als zehn Jahren ein Seilbahngesetz verabschiedete, war die Häme groß. Vor allem in der Schweiz machte man sich lustig. „Berlin kennt keine Berge. Berlin ist flach wie ein Pfannkuchen. Trotzdem hat der Berliner Senat im Dezember 2003 ein eigenes Landesseilbahngesetz erlassen“, bemerkte die Neue Zürcher Zeitung und erinnerte daran, dass der höchste Berg Berlins, der Große Müggelberg, knapp 115 Meter hoch sei.

Nur ungleich niedriger ist der Kienberg. 104 Meter misst diese höchste Erhebung Marzahns. Vor allem aber ist er ein beredter Beweis dafür, wie umsichtig die Volksvertreter aus dem Flachland vor elf Jahren gehandelt haben. Auf dem Kienberg wird nämlich zur Internationalen Gartenausstellung (IGA) bis 2017 eine Seilbahn entstehen. Dank politischer Vorsehung auf gesetzlich sicherem Grund – was man vom Finanzsektor im Alpenstaat nicht gerade behaupten kann.

Am heutigen Donnerstag wollen Verkehrsstaatssekretär Christian Gaebler (SPD) sowie die IGA-Geschäftsführer Christoph Schmidt und Katharina Langsch den Investor der Anlage vorstellen. Die Seilbahn soll vom U-Bahnhof Neue Grottkauer Straße über das Wuhletal auf den Kienberg führen und dann über die Gärten der Welt wieder zurück zum Ausgangspunkt. Nach der Seilbahn, die – ohne rechtliche Grundlage (sic!) – zur Interbau 1956 über das Hansaviertel schwebte, würde Berlin nach sechzig Jahren wieder Gondeln und Kabinen bekommen. Den Vertrag über die 2,4 Kilometer lange und 12 Millionen Euro teure Bahn wollen der Senat und die Investoren am Donnerstag unterzeichnen.

Umweltschützer halten das Ganze natürlich für bedrohlichen Unsinn. Sie fürchten eine Beeinträchtigung des sensiblen Wuhletals mit seinen Brutstätten. Bei der Gartenausstellung hält man dagegen, dass es in unmittelbarer Nähe des Flusslaufs keine Stützpfeiler geben werde. Die IGA hat einen Etat von 33 Millionen Euro, wovon knapp 10 Millionen auf das Land Berlin entfallen. Öffentliche Gelder für die Seilbahn soll es keine geben, heißt es bislang.

Umweltschützer sorgen sich um das sensible Wuhletal mit seinen Brutstätten

Die Seilbahn wird nicht die einzige Attraktion auf dem 82 Hektar großen Ausstellungsgelände sein. Geplant ist auch eine Aussichtsplattform mit dem Namen „Wolke“. Auf zwanzig Meter Höhe sollen die Besucher in einer Kunststoffmembran spazieren können. Der Siegerentwurf stammt von den Büros geskes.hack landschaftsarchitekten (Berlin) und VIC Brücken und Ingenieurbau (Potsdam).

Die IGA öffnet im April 2017 ihre Pforten und wird 170 Tage dauern. „Bis zum Ende der Ausstellung im Oktober“, sind die Geschäftsführer optimistisch, „werden etwa 2,4 Millionen Besucher und mindestens 1.100 Sonnenstunden erwartet.“ Unter ihnen werden bestimmt auch einige staunende Schweizer sein.