Senatoren suchen Schuldigen

Senat kritisiert O-Platz-Flüchtlinge

VON SUSANNE MEMARNIA

Der Senat lässt die Katze aus dem Sack. Innensenator Frank Henkel schiebt die Schuld für das absehbare Scheitern des Oranienplatz-Abkommens den Flüchtlingen in die Schuhe, während seine Kollegin Dilek Kolat das Vorgehen über den grünen Klee lobt. Respekt, muss man sagen, vor dieser fast schon grotesken Verdrehung der Tatsachen.

Zur Sache: Es ist richtig, wie Henkel sagt, dass viele Oranienplatz-Leute nicht zu den von der Ausländerbehörde anberaumten Terminen erscheinen. Aber wundert das jemand? Kein einziger von Hunderten Fällen wurde bislang anerkannt. Im Gegenteil erwachsen den Flüchtlingen nur Schwierigkeiten aus der Zusammenarbeit mit der Behörde: Erst gibt man ihnen kaum Zeit, sich mit ihren Beratern oder Anwälten vorzubereiten. Dann wird fast allen bei der ersten Anhörung mitgeteilt, dass der Antrag wahrscheinlich abgelehnt wird. Sieht so die vereinbarte „umfassende Einzelfallprüfung“ aus?

Konzert der Lügner

Angesichts dessen mutet es wie Hohn an, wenn Kolat rät, die Betroffenen sollten keinen Asylantrag stellen, sondern humanitären Aufenthalt beantragen. Hallo??? Genau dieser humanitäre Aufenthalt wird den Flüchtlingen ja nicht gewährt.

Aber man darf vermuten, dass Kolat nicht aus Ahnungslosigkeit so spricht. Sie weiß, was bei der Öffentlichkeit hängen bleibt: Die Anwälte haben schlecht beraten, ansonsten ist das Verfahren ganz doll rechtsstaatlich. Zusammen mit der Henkel-Arie über die bösen Flüchtlinge, die das schöne Verfahren durch Nichterscheinen torpedieren, gibt das ein stimmiges Konzert.

Wahr ist es trotzdem nicht.

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