DAS RINGEN UM DIE HAUPTMANN-SCHULE IN KREUZBERG
: Flüchtlinge und Bezirk müssen miteinander reden

Flüchtlingspolitischer Sprecher der Piratenfraktion

VON FABIO REINHARDT

Während Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann in der Berliner Zeitung über ihre „Lieblingsplätze in Friedrichshain“ sinniert, ist für die protestierenden Geflüchteten im Bezirk weiterhin kein Platz – zumindest in den Köpfen der Verwaltung.

Die Räumung der besetzten Gerhart-Hauptmann-Schule (GHS) in Kreuzberg ist zwar vorerst gestoppt. Strukturell ändert sich aber nichts. So ist eine endgültige Lösung oder zumindest ein akzeptables Maß an Sicherheit und Perspektive für die BewohnerInnen der GHS nicht in Sicht. Auf Nachfrage wollte sich das Bezirksamt nicht einmal darauf festlegen, ob es das Räumungsverbot des Amtsgerichts als für alle BewohnerInnen gültig betrachten wird. Stattdessen wird von Erpressung geredet.

Das Einfordern von Rechten ist keine Erpressung, sondern Ausdruck der Verzweiflung, entstanden durch das Bedürfnis der Geflüchteten nach Schutz. Dieses infrage zu stellen und das Verhalten der Geflüchteten allein in die formaljuristische Auseinandersetzung einzuordnen, ist falsch. Eine solche Haltung gegenüber den Geflüchteten als Problemlösung zu betrachten, offenbart nur den Versuch, die politische Unfähigkeit auf andere Institutionen zu verlagern.

Das Versagen staatlicher Stellen zeigt sich beispielsweise darin, dass es die evangelische Kirche geschafft hat, mit den „Besetzern“ der Thomaskirche in einen Dialog zu kommen und diese als Partner zu gewinnen, während der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg immer mehr zu den Geflüchteten auf Distanz geht. Nun kündigt Bischof Dröge finanzielle Unterstützung und eine spezielle Flüchtlingskirche an, während der Bezirk sich nicht einmal sichtbar bemüht, andere Ressourcen zu erschließen. Nicht nur die Einberufung von Unterstützungskreisen, die um Spenden werben könnten, wäre eine Option. Ebenso würden sich sicher sowohl der Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds der Bundesregierung als auch EU-Fördertöpfe anbieten. Die Nutzung dieser Optionen muss aber politisch gewollt sein.

Einfach Kurs halten in Richtung Räumung ist politisch unverantwortlich und nicht haltbar – weder menschlich noch, wie nun klar wird, rechtlich. Das Bezirksamt und die BewohnerInnen müssen wieder an einen Tisch, und zwar zu Gesprächen, die auf Respekt fußen. Die Geflüchteten sind dazu bereit.

Ein erster vertrauensbildender Schritt wäre es, der Presse, den Abgeordneten und BesucherInnen wieder Zugang zum Gebäude zu gewähren und so die Isolation der Menschen, deren Nutzungsrecht nun auch gerichtlich bestätigt wurde, zu beenden. Der Versuch der Illegalisierung von Protest auf dem Gerichtsweg hingegen ist infantile Übertragung von Verantwortung auf höhere Stellen, zeugt aber nicht von politischer Kompetenz.