Kommentar zum autonomen Hausbesuch: Arme Wichtel

Wie armselig: Selbsternannte Kapitalismuskritiker suchen die grüne Bürgermeisterin Monika Herrmann zu Hause auf. Kinder, geht die Bibel lesen!

Erstes Gebot: Man lasse sie - zu Hause - in Ruhe. Bild: dpa

Mit einem sogenannten antirassistischen Adventsbesuch haben Unbekannte am Sonntag das Wohnhaus der grünen Friedrichshain-Kreuzberger Bürgermeisterin Monika Herrmann besucht und dekoriert. Sie stellten Pappkartons in den Flur und besprühten die Wände. Also wirklich: Hätten die selbsternannten Kapitalismuskritiker ein bisschen Christentum studiert, dann würden sie sich nicht für Weihnachtsmänner halten, sondern für das, was sie sind: Einsteiger im Wichteln. Sie haben politisch versagt. Diese Protestform ist nicht nur taktisch dämlich. Sie ist schon vom Ansatz provinziell.

Natürlich hat sich die grüne Bezirksbürgermeisterin viele Feinde gemacht. Im Konflikt um die von Flüchtlingen besetzte Schule ist sie besonders dadurch aufgefallen, dass sie lavierte: zwischen verständnisvoller Sorgearbeit im Kiez und dem Druck zunehmend verständnisloser Anwohner. Letztlich ist sie damit gescheitert.

Es gibt – oft – gute Gründe, grüne Politik von links zu kritisieren. Aber wer dazu die Arena des Privaten als Austragungsort wählt, demonstriert vor allem politisch, dass es um seine Konfliktfähigkeit und Weitsicht schlecht bestellt ist.

Im politischen Umgang mit Flüchtlingen wird häufig mit der Angst der Menschen Politik gemacht. Das gilt für jene, die rassistische Vorurteile über kriminelle Ausländer schüren, und für die, die den Flüchtlingen Perspektiven verweigern. Eine Politik der Angst zu betreiben kann nie aufklärerisch sein. Hausbesuche, Einschüchterung knüpfen jedoch genau da an. Wenn sogenannte Linke sich auf dieses Feld begeben, egal für welches Ziel, sind sie erstens keine Linken und zweitens keine Adventisten. Wichtel sind sie, mehr nicht. Kinder, geht die Bibel lesen.

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