Hochansteckend und gefährlich

MASERN Seit Oktober sind in Berlin 455 Menschen daran erkrankt. Es trifft überwiegend Erwachsene, die nicht vollständig geimpft sind. Behörden empfehlen die Impfung

■ Die Krankheit ist hoch ansteckend und schwächt das Immunsystem. Masern können zu ernsthaften Komplikationen wie Mittelohr-, Gehirn- oder Lungenentzündung führen und schlimmstenfalls sogar tödlich verlaufen. Schwere Krankheitsverläufe treten insbesondere bei Säuglingen und Erwachsenen auf.

■ Die Ständige Impfkommission des Robert-Koch-Instituts empfiehlt, alle Kleinkinder ab dem Alter von elf Monaten (erste Impfung) und ein zweites Mal ab dem Alter von 15 Monaten, spätestens bis zum zweiten Geburtstag impfen zu lassen.

■ Die Kosten für eine privatärztliche Impfung für eine Masern/Mumps/Röteln-Impfung beläuft sich nach Auskunft der Ärztekammer Berlin etwa zwischen 35 Euro und 50 Euro. (fl)

VON FANNY LÜSKOW

In Berlin übersteigt die Zahl der 2015 gemeldeten Masernfälle bereits jetzt die des Vorjahres von 133 (taz berichtete). Allein im Januar gab es 279 neue Masernfälle. Laut Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) sind seit Oktober 455 Menschen erkrankt. Damit ist der Ausbruch einer der größten im Land Berlin seit Einführung der Meldepflicht 2001. Seit Ende Januar ist die Zahl der gemeldeten Neuerkrankungen allerdings wieder leicht zurückgegangen. Ob dies nur vorläufig ist oder auf ein mögliches Ende des Masernausbruchs hindeutet, ist noch unklar.

Diesmal nicht nur auf Schulen beschränkt

Der Ausbruch begann laut Lageso im Oktober in Flüchtlingsunterkünften unter Asylbewerbern aus Bosnien und Herzegowina sowie Serbien, wo durch den Bürgerkrieg in den 1990er Jahren nicht mehr durchgehend geimpft werden konnte.

Mittlerweile treten die Erkrankungen bezirksübergreifend und – anders als in vorherigen Ausbrüchen – ohne deutlichen Schwerpunkt in Schulen auf. 28 Prozent der Erkrankten mussten stationär aufgenommen werden. Laut Lageso gaben fast 90 Prozent von bisher 335 befragten Patienten an, nicht gegen Masern geimpft zu sein.

Für Masern besteht in Deutschland keine Impfpflicht, sondern eine Impfempfehlung. Die Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales sieht die Verantwortung bei den zuständigen Ärzten, dem Öffentlichen Gesundheitsdienst und der für den Gesundheitsschutz zuständigen Bundesbehörden, welche „durch Aufklärung und verständliche Informationsmaterialien ihren Beitrag leisten können“, so die Pressesprecherin der Senatsverwaltung Regina Kneiding. Auch an die Eigenverantwortung jedes Einzelnen appellierte sie.

Die Berliner Impfquoten sind in den letzten Jahren gestiegen. Laut den Ergebnissen der Schuleingangsuntersuchungen, die im April letzten Jahres vom Robert-Koch-Institut (RKI) veröffentlicht wurden, lag bei den Erstklässlern die Impfquote der ersten Masern-Mumps-Röteln-Impfung 2012 bei 95,9 Prozent (2007: 94,5 Prozent) und die der zweiten Impfung bei 90,9 Prozent (2007: 86,8 Prozent).

Damit liegen sie leicht unter dem bundesweiten Durchschnitt und der zur Masern-Elimination erforderlichen 95-Prozent-Grenze. Die 2011 eingegangene Selbstverpflichtung Deutschlands, Masern bis 2015 komplett eliminiert zu haben, wird damit nicht erfüllt.

Kinder und Jugendliche sind jedoch nicht die Hauptbetroffenen: Unter den Erkrankten befinden sich laut Lageso zu 52 Prozent Erwachsene, die nach 1970 geboren wurden. Diese Jahrgänge sind besonders gefährdet, weil vor 1991 eine zweite Impfung noch nicht bundesweit empfohlen wurde. Nur mit zwei Impfungen ist jedoch ein vollständiger Schutz gewährleistet. Die Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales fordert deshalb dazu auf, den Masernimpfstatus umgehend zu überprüfen und sich bei fehlendem oder nicht vollständigem Schutz nachimpfen zu lassen.

Nach 1970 Geborene sind besonders gefährdet

Vor Einführung der Masernimpfung vor etwa 40 Jahren erkrankte nahezu jeder an Masern, was zu einer lebenslangen Immunität der betroffenen Personen führte. Wer damals nicht an Masern erkrankte oder nicht vollständig geimpft wurde, sollte sich ebenfalls nachimpfen lassen, so Kneiding.

Die Kosten hierfür würden jedoch nicht von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden (siehe Infokasten), da diese Personengruppe nicht in den Empfehlungen der Impfkommission eingeschlossen ist.

Für Berlin gilt: Keine Kostenübernahme der Impfung, aber Versorgung im Falle einer Impfkomplikation, das heißt, einer über das übliche Maß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung. Impfschäden treten laut RKI aber nur sehr selten auf. Stattdessen warnen Experten des Instituts davor, Masern als nur harmlose Kinderkrankheit abzutun.