Vom Krankenhaus aufs Feldbett zur Genesung

ASYL I Willkommensinitiative und Flüchtlingsrat prangern unerträgliche Zustände in Turnhallen an

Menschen schlafen dicht an dicht auf Feldbetten. Sie haben kein Geld, keine Medikamente und keine Ahnung, wie es weitergeht. Sie können ihre Wäsche nicht waschen, ihre Wertsachen nicht wegschließen oder zur Ruhe kommen. Die Betreuer sind zwar motiviert, haben aber keine Ahnung von Sozial-, Asyl- oder Schulgesetzen.

So beschreibt Amei von Hülsen-Poensgen von der Initiative Willkommen im Westend die Zustände in der Turnhalle der TU in Charlottenburg. Und so sehe es, mit graduellen Unterschieden, in allen sieben Turnhallen aus, die derzeit als Notunterkünfte für Flüchtlinge fungieren, sagt Martina Mauer vom Flüchtlingsrat beim Pressegespräch am Mittwoch. Besonders dramatisch sei die Situation, weil die Menschen nicht, wie ursprünglich von Sozialsenator Mario Czaja (CDU) angekündigt, nur wenige Tage in den Turnhallen blieben, ergänzt Hülsen-Poensgen. „Wir haben Familien, die seit Mitte Dezember auf Feldbetten schlafen“, sagt die Charlottenburgerin, deren Willkommensinitiative sich seit Eröffnung der Notunterkunft um die Bewohner kümmert. Um auf die Missstände aufmerksam zu machen, lud die Initiative Czaja mit einem Brief vom 16. Februar zum Besuch in Charlottenburg ein. Bisher habe man noch keine Antwort erhalten, so Hülsen-Poensgen.

Die Probleme in den Hallen, die Flüchtlingsrat und Initiative aufzählen, sind vielfältig: Es gibt trotz Masern- und Grippewelle keine Impfungen; Krankenscheine, Taschengeld und Berlinpass bekommen die Bewohner teils erst nach Wochen, wenn sie beim zuständigen Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) vordringen können. Schulpflichtige Kinder gehen seit zweieinhalb Monaten nicht zur Schule. Das Personal in den Hallen wird zwar „Sozialarbeiter“ genannt, die Mitarbeiter haben jedoch keine diesbezügliche Ausbildung, sind nur aufgrund ihrer Sprachkenntnisse eingestellt worden.

Besonders erzürnt Hülsen-Poensgen, dass selbst Schwerkranke mit Attest wochenlang in den Hallen leben müssen. Sie berichtet von einer MS-kranken Frau, die in der TU-Turnhalle einen Anfall bekam und ins Krankenhaus musste. „Sie wurde aus dem Krankenhaus wieder in die Halle entlassen“, erst nach Wochen habe die Initiative es geschafft, dass das Lageso der Frau einen Platz in einem Wohnheim gab. SUM