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Die Flaschensammler

Wie immer glitt ich am Abend mit dem Fahrrad zur Berlinale und rauchte vor dem Cinemaxx. Von unten sahen die Lampen am Potsdamer Platz aus wie lustige Gesichter. Ich ging mit einer Flasche „Linée“ hinein und sprach mit Sandra und Sascha, den netten Dokumentarfilmern, über das neue Vitalgetränk von Gerolsteiner. Es wird tonnenweise von weißgekleideten Mitarbeitern umsonst an die Festivalbesucher verschenkt. Der Clou dabei: Es gibt für jede Flasche 25 Cent Pfand. „Das muss man unbedingt den Flaschensammlern erzählen!“ – „Machen wir“, sagten die Filmschaffenden. Ein paar Sitzplätze entfernt tippte eine Kollegin auf ihrem Laptop herum. Ich schrieb in mein Notizbuch „affektiert“ und „sinnlos“.

Nach dem Film rauchte ich noch eine Zigarette vor dem Kino und beobachtete einen vermutlich von Sandra und Sascha geschickten Flaschensammler, der die Papierkörbe vor dem Kino durchforschte. Nach anfänglichem Zögern ging er mit seinem blauen Abfallsack in das Gebäude und bat die Gerolsteiners, ihm leere Flaschen zu überlassen. Sie gaben ihm ein paar, er wollte mehr. Und ein paar Meter weiter telefonierte ein Mann hastig rauchend. Sogleich kamen zwei Sicherheitsleute. Anders als in dem Roman „Teil der Lösung“ von Ulrich Peltzer verhielten sie sich zivilisiert. Einer sagte entschuldigend zu dem Flaschensammler, ihm sei es ja egal, er könne gerne vor dem Kino nach Flaschen gucken, ins Gebäude dürfe er jedoch nicht. DETLEF KUHLBRODT