ERSTE BLICKE – AUF DIE NEUE BERLINALETASCHE, DAS NEUE BERLINALELOGO, DIE AKKREDITIERTEN KOLLEGEN
: Vintage von morgen – tintenblau, mit weißem tastend tapsigem Bären

VON DETLEF KUHLBRODT

Man könnte die Berlinalen unterteilen in die, wo das Wetter schön, und die, wo das Wetter garstig war, und die, wo es, wie im letzten Jahr, bitterkalt war und die meiste Zeit geschneit hatte. Meist wandelt sich das Wetter während der Filmfesttage. Eine Idee von Frühling war immer dabei. Dies Jahr haben tatsächlich schon vor der Berlinale ein paar Blümchen ihre Köpfchen hochgereckt sozusagen. Aus dem Radio kommen die Werbetrommeln der Vorfreude. Komischerweise neige ich dazu, ganz automatisch in der Vergangenheit zu schreiben. Was aber auch logisch ist; was war, ist deutlich; was sein wird, eher nebulös.

Ich sitze im taz-Café und esse Suppe. Am Nebentisch sitzen Leute. Möglicherweise verbringen sie gerade den Winter-of-their-lives hier in Berlin. Einer sagt, zwischen Glück und Erschöpfung: „Do you know what it means to drink for two weeks? My god …“ Automatisch hat man einen Film vor Augen.

Während ich mit dem Fahrrad zum Potsdamer Platz, am Gropiusbau vorbei fahre, denke ich an den jungen Mann, der hier vor einem Jahr mit einem Schild stand, um Gästen des European Filmmarktes den Weg zu weisen, erinnere mich an Plakate von Filmen, die ich nie gesehen hatte; während ich mein Rad an einen jungen Baum vor dem Hyatt-Hotel kette, denke ich daran, dass ich es letztes Jahr ein paar Meter weiter an ein Absperrgitter angeschlossen hatte. Wie jedes Jahr, vielleicht auch extra, stelle ich mich zunächst in die falsche Akkreditierungsschlange.

Mit der Akkreditierung um den Hals fühle ich mich glücklich beamtet. Ein bisschen aufrechter als eben noch geh ich die Treppe des Hyatt-Hotels hinunter. Ein Beamtenkollege aus Amerika kommt mir entgegen und lacht meine Berlinaletasche von 2008 kennerisch an: „ah, vintage“. Ich freue mich zurück, erkläre im Vorbeigehen, dass ich die Berlinaletasche von 2008 für besonders gelungen halte und dass ich noch viel ältere habe.

In meiner Vorstellung bleibe ich ein paar Minuten stehen und tausche mich mit dem Mann über die Berlinaletaschen der letzten 15 Jahre aus, in echt gehe ich weiter. Zwei Männer schieben mit einer Sackkarre ein Regal ins Hotel. Ich überlege, wie und ob man ihnen das Regal irgendwie entwenden könnte. Oder doch zumindest die Sackkarre. Um diese Sackkarre zu klauen, bräuchte ich aber eine zweite Sackkarre, um die erste zu transportieren.

Quatsch!

Sowieso ist es komisch mit diesen Taschen und den Logos. Der erste Eindruck bleibt nicht immer bestehen. Die von Paul Snowdon gestaltete rote Tasche von 2009 – die mit den vielen i’s – hatte ich zum Beispiel anfangs doof gefunden. Wenig später dann super und irgendwann hatte ich sie dann verloren. Die diesjährige, tintenblaue Berlinaletasche ist auf den ersten Blick ziemlich prima. Sie variiert nicht wie erwartet das von der Agentur Boros entwickelte rote Berlinaleplakat – ein B mit weißen auratischen Strahlen –, sondern ist schlicht tintenblau mit einem weißen tastend tapsigen Bären. Sie hat etwas Fröhliches, Leichtes und ist aus Biobaumwolle gefertigt.

Nun ist es schon spät. Die anderen spielen noch Billard; ich muss gehen, „Morgen ist doch Berlinale …“ – „Die Berlinale – das ist doch gut für dich?!“ – „Ja!“