AUF DEN ZWEITEN BLICK MICKRIG: DAS 6-MILLIARDEN-PAKET FÜR BILDUNG, DAS MORGEN THEMA IM BUNDESTAG IST
: Zukunft geht anders, Frau Merkel!

„Falsche Prioritäten“

VON KATJA DÖRNER

Im Jahr 2008 rief Angela Merkel die Bildungsrepublik Deutschland aus. Wurde dieses Projekt schon bis dato nur halbherzig vorangetrieben, so wird es 2014 endgültig beerdigt. Im Mittelpunkt der morgigen Beratungen über den Etat von Bildungsministerin Johanna Wanka (CDU) steht das sogenannte 6-Milliarden-Bildungspaket. 6 Milliarden für Kitas, Schulen und Hochschulen – das klingt zunächst nicht schlecht.

Aber: Die Summe bezieht sich auf die gesamte Legislaturperiode. Damit bleiben durchschnittlich 1,25 Milliarden im Jahr – aufgeteilt auf 16 Bundesländer ist das mehr als mickrig. Vergleicht man dies mit den Ausgaben für die Rentenreform von rund 10 Milliarden Euro jährlich, wird überdeutlich, dass die Bundesregierung eine klare Priorität für dringend notwendige Zukunftsinvestitionen vermissen lässt.

Beim Gerangel um das Bildungspaket ging Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) als klare Verliererin vom Platz, wurde sie doch mit nur einer Milliarde Euro für die Kitas abgespeist.

Und das ist nur die offizielle Version. Ein genauerer Blick auf diese eine Milliarde zeigt, dass es sich noch nicht mal um frisches Geld handelt. Denn auf bis zu eine Milliarde sollen die Investitionsmittel im Sondervermögen für den Ausbau der Kita-Plätze aufgestockt werden. Da sich noch 450 Millionen in diesem Sondervermögen befinden, sind dies nur 550 Millionen zusätzlich. Verschwiegen wird zudem, dass die 450 Millionen schon fast vollständig bewilligt sind. Sie stehen für zusätzliche Investitionen nicht mehr zur Verfügung.

Bei den Mitteln für den Ausbau der Plätze wird – freundlich ausgedrückt – innovativ gerechnet. Für Qualitätsverbesserungen in den Kitas soll es 2017 dann 100 Millionen Euro mehr geben. Auch hier erfolgt eine falsche Prioritätensetzung, denn gerade bei der Verbesserung der Angebote in den Kitas liegen die größten Herausforderungen. Die eine Milliarde für die Kitas schnurrt auf mickrige 650 Millionen zusammen. Spürbare Verbesserungen im Bereich der frühkindlichen Bildung werden so nicht zu finanzieren sein.

Aber auch Bildungsministerin Wanka hat wenig Grund zur Freude. Der Irrweg des unsinnigen Kooperationsverbots zwischen Bund und Bundesländern, das den Bund daran hindert, direkt und dauerhaft in Schulen und Hochschulen zu investieren, wird nur zur Hälfte korrigiert – und zwar für die Hochschulen. Ein dringend notwendiges Ganztagsschulprogramm des Bundes bleibt damit weiterhin unmöglich.

Ab 2015 wird der Bund die Bundesausbildungsförderung, BAföG, allein finanzieren. Damit werden die Landeshaushalte um 1,17 Milliarden Euro jährlich entlastet. Aber auch wenn Ministerin Wanka nicht müde wird zu betonen, es gebe eine „Zweckbindung“, das heißt, die Länder seien verpflichtet, die in den eigenen Haushalten entstehende Entlastung für Investitionen in die Hochschulen zu nutzen, so ist dies bestenfalls als freundliche Aufforderung zu verstehen. Eine ziel- und zweckgerichtete, programmgebundene Weitergabe der zusätzlichen Mittel an die Länder fehlt ausdrücklich.

Angesichts der finanziellen Situation vieler Bundesländer unter dem Druck der Schuldenbremse muss man keine Prophetin sein, um zu wissen, dass diese finanziellen Entlastungen der Landeshaushalte kaum komplett in zusätzliche Investitionen in Bildung fließen werden. Was von den 5 Milliarden tatsächlich in Schulen und Hochschulen ankommt, wird nicht in Berlin entschieden.

Die Autorin wurde 1976 in Siegen geboren. Sie ist stellvertretende Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Deutschen Bundestag