AUF DER ROSA-LUXEMBURG-KONFERENZ
: Wasser auf die Mühlen

Im Einsatz für die politische Ökologie

VON HELMUT HÖGE

Die diesjährige Rosa-Luxemburg-Konferenz stand ganz im Zeichen des „Wassers“ – natürlich nur für mich, nicht für die Veranstalter, denen es wie immer um den Sozialismus und die Zusammenführung seiner Kräfte ging. Ich war noch ganz in Gedanken bei meiner Lektüre einiger Bücher von Bruno Latour über die Notwendigkeit einer neuen „politischen Ökologie“ mit Hilfe seiner „Akteur-Netzwerk-Theorie“.

Diese ANT scheint mir besonders für Bürgerinitiativen interessant zu sein. Deswegen waren mir alle parteikommunistischen Überlegungen erst mal entrückt – auch wenn die linke Bundestagsabgeordnete Sabine Leidig in der Abschlussdiskussion über den Anteil des Selbst an der Organisationsfrage genau genommen ins Horn der ANT stieß, als sie sich für einen „ökologisch sozialen Umbau“ aussprach und eine „Transformationsperspektive für die Industriearbeit“ forderte.

Einer der Kongressredner, der kanadische Wirtschaftswissenschaftler und Attac-Berater Michel Chossudovsky, meinte dagegen: „Die Wirklichkeit ist [bereits] auf den Kopf gestellt.“ Indem nämlich der von den USA angeführte „Weltkrieg gegen den Terrorismus“ nur ein Vorwand sei, um an die Ölreserven heranzukommen, die sich zu 75 Prozent in islamischen Ländern befinden. In diesem Zusammenhang nannte er al-Qaida eine „große Lüge“ (des CIA).

So hatte zuvor auch schon der US-Journalist Neil Sheehan sein großartiges Buch über den „Vietnamkrieg“ genannt. Chossudovsky erwies sich damit überraschend als ein Anhänger der Nine-Eleven-Verschwörungstheorie, an der hierzulande auch der taz-Blogwart Mathias Bröckers, der Filmautor Gerhard Wisnewski und der ehemalige Minister für Forschung und Technologie Andreas von Bülow arbeiten. Zu ihrer Popularisierern zählt ferner der Duisburger Rapper Marcel „Wojna“ Wojnarowicz mit seiner Band „Die Bandbreite“, der neuerdings gerne mit dem Nationalbolschewisten Jürgen Elsässer auftritt, dessen deutsche Volksinitiative jedoch eher von einer US-„Heuschrecken“-Verschwörung ausgeht.

Am Abend des Rosa-Luxemburg-Kongresses 2009 – also vor genau einem Jahr – stellte Elsässer seine diesbezüglichen Überlegungen in der Kreuzberger Kneipe „Max & Moritz“ vor. Dabei kam es zu einer Schlägerei mit einer Gruppe von Antifas, bei der ein Freund des Rappers Wojna verletzt wurde. In einem taz-Text darüber schrieb ich anderntags, dass die Band „Die Bandbreite“ für ihre antisemitischen Texte bekannt sei. Daraufhin wurde ich von Wojna verklagt. Vor dem Berliner Landgericht machte er jetzt geltend, wegen dieser Unterstellung würden ihn einige Gewerkschafts- und SPD-Jugendorganisationen nicht mehr „buchen“.

Nach dreistündiger Debatte über Antisemitismus im Allgemeinen und die Songtexte von Wojna stellte das Gericht das Verfahren ein. Ich entschuldigte mich bei ihm dafür, dass sich das verwendete Adjektiv derart geschäftsschädigend für ihn auswirkte. Schon am nächsten Tag hieß es in einer Presseerklärung von ihm, die Elsässer in seinem Blog veröffentlichte: „Erfolg vor Gericht gegen taz“ – weil ich zugegeben hätte, „schlecht recherchiert zu haben“.

Was gibt es bei Songtexten zu recherchieren? Und überhaupt war der „Erfolg vor Gericht“ – wenn überhaupt – ganz auf meiner Seite, denn man hätte mich ja auch wegen Überinterpretation seiner Lieder verurteilen können, so aber kam ich kostenfrei davon. Ich musste jedoch dem taz-Anwalt recht geben, dass ich mich nicht hätte entschuldigen sollen, zumal der Duisburger Rapper mich schon zuvor verschwörungsmäßig angeschwärzt hatte: „Helmut Höge war nach eigenen Angaben Dolmetscher auf einer US-Airbase. Hier stellt sich die Frage, ob die taz mit ihrer politischen Gesinnung sich nicht ein Kuckucksei ins Nest gelegt hat.“

Man kann sich denken, dass mir nach diesem ganzen (Geheim-)Politik-Gequalle eher daran gelegen war, die Ökologie zu politisieren, als sie – wie die Grünen und die Linke – zur Dienerin der Politik herabzuwürdigen. Deswegen interessierte mich an den Ständen auf dem Kongress 2010 vor allem Unpolitisches: „Wasser“. Immerhin war eines der Bücher vom „Wasserkolloquium“ der Rosa-Luxemburg-Stiftung herausgegeben worden, nachdem die Abgeordnete Sahra Wagenknecht ein Gutachten zur Vergenossenschaftung der Berliner Wasserbetriebe veröffentlicht hatte und das Buch „Der Kampf um das blaue Gold“ der Biologin Vandana Shiva über die „Ursachen und Folgen der Wasserverknappung“ auf Deutsch erschienen war.