Neuer FU-Präsident: Der Mann für die Eliteuni

Die Freie Universität wählt am Mittwoch ihren neuen Präsidenten. Einziger Kandidat: der Germanist Peter-André Alt.

Peter-André Alt wirkt auf den ersten Blick wie ein typischer Geisteswissenschaftler: Hohe Stirn, etwas abgehoben, hinter seinem Schreibtisch hängt ein Kafka-Porträt. Doch der 49-Jährige entspricht nicht diesem Klischee, was man schon merkt, wenn er nur den Mund aufmacht. Alt spricht ausgefeilte, druckreife Sätze - auf Knopfdruck. Etwa diesen: "Ich werde die Freie Universität mit Mut zur Kante, zu klaren Positionen und, wo nötig, zum Widerstand vertreten." Wahrscheinlich kann er damit ab dem heutigen Mittwoch beginnen. Am Nachmittag wählt der Akademische Senat den neuen Präsidenten. Einziger Kandidat: der Germanist Peter-André Alt. Seine beiden anfänglichen Konkurrenten hatten ihre Bewerbung in den letzten Wochen zurückgezogen.

Monatelang hatte die Berlins größte Hochschule mit rund 30.000 Studierenden nach einem Nachfolger für Dieter Lenzen gesucht. Er war im Herbst 2009 überraschend an die Uni Hamburg gewechselt. Lenzens Führungsstil galt als autoritär, er begriff die Hochschule als Unternehmen. Nicht nur viele Studierende hatten damit ihre Schwierigkeiten. Alt hingegen präsentiert sich als dialogorientiert.

Der neue Präsident hat schwierige Aufgaben vor sich. Für die FU geht es vor allem darum, sich für die dritte Runde des Exzellenzwettbewerbs des Bundes zu rüsten. In der zweiten Runde hatte die Hochschule den Titel Exzellenz-Uni abgeräumt. Der will verteidigt werden - es geht um Millionen Euro Zuschüsse. Die Studierenden wiederum erwarten Verbesserungen in der Lehre und eine Reform des umstrittenen Bachelor-Studiums. Und der Senat hat die Finanzierung der Berliner Unis verändert: In dieser Frage muss sich die FU gemeinsam mit Technischer Universität und Humboldt-Universität gegen Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) positionieren.

Alt hat selbst an der FU studiert. Zuerst einige Semester Medizin. In der Studierendenverwaltung sprach er danach vor, um seinen Studienplatz zurückzugeben. "Ich wurde angeschaut, als ob ich geisteskrank sei", sagt Alt und lacht. Er wechselte stattdessen zu Germanistik, Politikwissenschaft, Philosophie und Geschichte. "Ich habe unter der Massenuniversität anfangs sehr gelitten. Erst als Tutor hat sich mein Verhältnis zur Institution Universität verbessert." Schließlich promovierte er in Germanistik, hatte Lehrstühle in Bochum und Würzburg inne. Seit 2005 ist er zurück an der FU.

Größere Freiheit im Studium und die Betreuung des akademischen Nachwuchses gehören heute zu den wichtigsten Forderungen des Literaturwissenschaftlers. Er will die Bologna-Reformen - also vor allem die Einführung von Bachelor und Masterstudiengängen - verträglicher machen und plädiert für eine Verlängerung des Bachelorstudiums von sechs auf acht Semestern in den Geisteswissenschaften.

Kritiker von Alt bezweifeln jedoch, ob der Geisteswissenschaftler genug Durchsetzungsfähigkeit hat, um die anstehenden Verhandlungen - mit dem Senat, den Studierenden, den eigenen Professoren - durchzustehen. Dafür braucht es auch politisches Verhandlungsgeschick - ein Bereich, in dem sich Alt bisher zumindest nicht hervorgetan hat.

In politischen Gruppen hat er sich während seines Studiums nicht engagiert. Doch Alt erzählt eine Anekdote, die einen Eindruck von seinem Politikstil gibt. Als Tutorenstellen am Institut gekürzt werden sollten, filmte er mit Kommilitonen tagelang überfüllte Hörsäle und interviewte Studierende. "Der Film wurde im Hörsaal gezeigt, danach wurde mit den Verantwortlichen diskutiert", sagt Alt. So habe er damals die Kürzungen abwenden können.

Der Allgemeine Studieredenausschuss der FU ist strikt gegen dessen Wahl. Auf ihrer Website erklärt die Studierendenvertretung, der Präsidentschaftsanwärter würde den "studierendenfeindlichen und neoliberalen Kurs der FU Berlin" fortsetzen.

Alt wehrt sich gegen diese Vorwürfe: "Ich habe immer gesagt, dass ich teilweise den Kurs halten werde. Ich denke jedoch nicht, dass eine Universität wie eine Firma geführt werden sollte", sagt Alt. Und dann tut er das, was er bisher bei allen Problemen getan hat: Er bietet seinen Kritikern ein Gespräch an.

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