Große Ansprüche, hoher Druck

VOLLEYBALL Name neu, Spielstätte und Spieler auch: Der ehemalige SC Charlottenburg peilt die Meisterschaft an. Gefunden hat sich das Team noch nicht, der Auftakt ist misslungen

VON NICOLAS SOWA

Bei Berlins bestem Volleyballclub ist ab dieser Saison vieles anders. Der SC Charlottenburg hat sich ein kleines Lifting verordnet, etwa beim Namen: Berlin Recycling Volleys heißt das Team ab dieser Spielzeit. Um den finanziellen Spielraum zu erweitern und den Etat zu steigern, war das für Manager Kaweh Niroomand ein logischer Schritt und ein „wichtiger Meilenstein“.

Auch im Spielerkader gab es Veränderungen. Sieben Neue sind gekommen. Hinzu kommt der Komplettumzug in die Max-Schmeling-Halle. Hatte man in den vergangenen Jahren immer nur die Topspiele dort ausgetragen, werden ab dieser Saison alle Heimspiele in Prenzlauer Berg bestritten. Das gibt dem Namenwechsel einen Sinn, denn in Charlottenburg wird schließlich nicht mehr gespielt. Aber der Umzug birgt Risiken: Nicht nur die Kosten sind gestiegen, auch muss die Halle regelmäßig gefüllt werden. Gegen Topteams wie Friedrichshafen oder den Lokalrivalen Netzhoppers Königs Wusterhausen gelang dies, vergangene Saison kamen gegen Friedrichshafen über 8.000 Zuschauer. Die große Herausforderung wird aber sein, gegen weniger klangvolle Namen wie Gotha und Bühl die Halle zu füllen.

Zumindest zum Saisonauftakt am Freitagabend gegen Evivo Düren strömten die Fans in die Halle, mehr als 4.000 kamen. „Da waren einige unser Spieler schon sehr ergriffen“, sagte Manager Niroomand. Um diese Kulisse zu wiederholen, wird sich das Team sportlich aber steigern müssen. Die überraschende 2:3-Heimpleite war ein Rückschlag.

Denn das ausgegebene Saisonziel ist es, Serienmeister VfB Friedrichshafen endlich vom Thron zu stoßen. Ein hohes Ziel, verfügt das Team vom Bodensee doch über einen Etat von über 2 Millionen Euro, während die Volleys nur etwas mehr als die Hälfte zur Verfügung haben. Die Erwartungshaltung an Trainer Mark Lebedew und sein Team ist also groß. „Man kann den Druck schon spüren“, gibt Lebedew zu. „Aber niemand macht mir so viel Druck wie ich selbst.“

Damit Lebedew seine Ziele auch erreichen kann, wurden sieben Spieler geholt aus sieben Nationen. Darunter der aus Haching verpflichtete Australier Paul Carroll, der vergangene Saison zum wertvollsten Spieler gewählt wurde. Insgesamt gibt es nun neun Nationen im Kader. „Das ist weiß Gott nicht, was wir wollten“, sagt Niroomand. Aber deutsche Vereine sind für deutsche Nationalspieler oft nicht die erste Option. „Jeder Spieler, der den Ball nur irgendwie geradeaus schlagen kann, bekommt von seinem Berater gesagt: Du musst ins Ausland wechseln, weil dort dein Marktwert höher ist“, moniert Niroomand. Damit sei es schwierig, deutsche Spieler zu halten oder gar zu verpflichten – schlecht für die Liga und für die Nationalmannschaft, die bei der Europameisterschaft mit Platz 13, der schlechtesten Platzierung seit 14 Jahren, ein blamables Bild abgeliefert hat.

Nun müssen die Volleys mit einem babylonischen Sprachenwirrwarr leben. Gegen Düren wurde deutlich, dass es vor allem an der Kommunikation und Abstimmung noch hapert.

Hinzu kommt, dass der Kader durch die Europameisterschaft im Sommer erst kurz vor Saisonbeginn komplett war. Deshalb gehen die Volleyballer in dieser Woche in ein Trainingslager – um den Trainingsrückstand aufzuholen. „Vermutlich wird das Team erst im Januar oder Februar da sein, wo man es erwartet“, glaubt Niroomand. „Das ist die Herausforderung in dieser Saison. Mit Namen allein kann man keinen Erfolg haben. Jetzt müssen alle auch eine Mannschaft werden.“