SPD redet über Rot-Schwarz: Die Basis ist zweigeteilt

Auf einem Mitgliederabend erklären Klaus Wowereit und Michael Müller das Scheitern von Rot-Grün. Vorfreude auf eine Koalition mit der CDU entfachen sie nicht.

Die SPD bleibt auf dem Teppich. Bild: dpa

Ein etwas betagterer Mann springt auf und ruft: "Und alles wegen 3.200 Metern Scheißasphalt." Mit bewegter Stimme macht er seinem Ärger Luft. Ein Teil der Anwesenden stimmt ihm mit lautem Applaus zu. Zustimmendes Gemurmel erfüllt den Raum. Auf dem Podium reagiert Klaus Wowereit nicht weniger emotional. Mit lauter Stimme und wild gestikulierend erklärt der Regierende Bürgermeister, die Koalitionsverhandlungen mit den Grünen seien eben nicht nur am Weiterbau der A 100 gescheitert. Die Grünen hätten sich insgesamt nicht kompatibel für "fünf Jahre Stabilität und Verantwortung" gezeigt. Auch an dieser Stelle wird applaudiert und zustimmend gemurmelt.

Auf dem Mitgliederforum, zu dem Wowereit und der SPD-Landesvorsitzende Michael Müller am Montagabend geladen hatten, zeigt sich die Basis geteilter Meinung über die gescheiterten Gespräche. Der Saal der Friedrich-Ebert-Stiftung in Tiergarten ist mit etwa 300 Mitgliedern gut gefüllt. Dabei stehen auch die an diesem Mittwoch beginnenden Koalitionsverhandlungen mit der CDU auf dem Programm.

Die Verhandlungen mit den Christdemokraten stehen an, weil die mögliche rot-grüne Koalition am Mittwoch vergangener Woche nach nicht einmal zweistündigen Koalitionsverhandlungen endgültig beendet war. Beim Ausbau der A 100 herrscht zwischen SPD und CDU Einigkeit, außerdem stehen infrastrukturelle Fragen wie die Zukunft der S-Bahn auf der Tagesordnung. Die Basis sieht aber vor allem bei der sozialen Ausrichtung der Koalition Diskussionsbedarf.

Viele Mitglieder scheinen am Montag verunsichert zu sein, ob soziale Themen in einer Koalition mit der CDU angemessen behandelt werden könnten.

Immer wieder aber fällt das Wort auf die A 100. Es sei fraglich, ob das Projekt so wichtig sei, dass man darüber eine Wunschkoalition platzen lassen müsse, sagt ein Mitglied in einem Redebeitrag. Dabei ruft ein Teilnehmer dazwischen, Wowereit habe die Verhandlungen wegen der kleinen Mehrheit von zwei Sitzen absichtlich scheitern lassen, was dieser lautstark zurückweist. Sowohl Wowereit als auch Müller betonen, dass eine Koalition mit den Grünen zwar wünschenswert, aber schlichtweg nicht realisierbar gewesen sei. Müller verweist dabei unter anderem auf den Wahlkampf, den die SPD bewusst mit einem wirtschaftspolitischen Profil geführt hätte. Zudem habe man Wowereit als "Macher" präsentiert, der Projekte zu Ende bringe, da könne man bei einem so prominenten Thema wie der A 100 nicht hinterher einknicken.

Gegen Ende der Diskussion scheint sich ein Konsens der SPD-Basis herauszukristallisieren: Rot-Grün war unter diesen Umständen schwer oder gar unmöglich zu realisieren - die kommende rot-schwarze Koalition sehen die meisten aber dennoch weiter kritisch.

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