Preiskampf am Imbiss: Döner im Dauertief

Unter der scharfen Konkurrenz auf dem Dönermarkt in Berlin leiden vor allem die kleinen Familienbetriebe.

Runde Sache Bild: AP

Die Dönerlobby gibt sich trotz steigender Produktionskosten optimistisch. Nachdem der Verband türkischer Dönerhersteller in Europa erklärt hat, dass der Dönerpreis im nächsten Jahr berlinweit auf 3 Euro steige, legt Vorstandsmitglied Tarkan Tasyumuruk gegenüber der taz nach: "Viele Betriebe haben begriffen, dass sie handeln müssen, um keine roten Zahlen zu schreiben. Der 3-Euro-Döner ist nicht aufzuhalten. Einige Berliner Imbisse haben schon erhöht", so Tasyumuruk, der selbst ein mittelständisches Unternehmen zur Produktion von Dönerspießen im brandenburgischen Werneuchen führt.

Der Leiter des Veterinäramtes Berlin-Mitte, Hans Joachim Bathe-Peters, erklärt, wie viel Fleisch in einem guten Döner ist und wo der Unterschied zwischen Döner Kepab und Yaprak-Döner liegt. Bei Imbisskontroffen haben seine Leute allerdings "häüfig" Beanstandungen.

taz: Herr Bathe-Peters, können Sie uns mal erklären, was einen guten Döner ausmacht?

Hans-Joachim Bathe-Peters: Was meinen Sie mit Döner?

Naja, Döner Kebap halt. Wieso? Gibts da Unterschiede?

Natürlich. Nicht jeder Döner ist ein Döner. Ein guter Döner besteht aus geschichtetem Muskelfleisch. Das ist echtes Fleisch, das in Lappen gestapelt wird. Das nennt man Yaprak-Döner...

...und ist vermutlich der klassische Döner Kebap?

Nein. Döner Kebap muss nur aus mindestens 40 Prozent Muskelfleisch aus Schaf oder Rind bestehen, der Rest darf Hack sein.

Und das ist vermutlich minderwertiges Fleisch?

Nein, das Fleisch ist genau das gleiche - nur eben gehackt.

Wie, also besteht ein Döner Kebap komplett aus Fleisch?

Ja, so sollte es zumindest sein.

Worauf muss ich denn achten, wenn ich einen guten Döner Kebap essen will?

Darauf, dass es keine "Hackfleischzubereitung am Spieß" ist. Die ist gesondert kennzeichnungspflichtig, weil hier der Hackfleischanteil 80 oder 90 Prozent betragen darf. Viele Imbissbudenbesitzer verschweigen das aber - und das ist verboten.

Sie sind mit Ihren Mitarbeitern in den Imbissbuden unterwegs, um die Fleischqualität zu überprüfen. Wie geht das?

Um eine repräsentative Fleischprobe zu nehmen, benötigen wir eine belastbare Masse. Wir nehmen also gleich den halben oder ganzen Spieß mit, bringen ihn ins Labor und gucken, ob die mikrobiologische Beschaffenheit und Zusammensetzung der Verkehrsfähigkeit entspricht.

Und wenn nicht?

Dann gibts sofort ein Anzeige. Da sind wir nicht zimperlich. Das kann bis zur sofortigen Schließung des Ladens führen.

Kommt das oft vor?

Gelegentlich. Aber nach wie vor sprechen wir häufig Beanstandungen aus.

Also Finger weg vom Döner?

Das würde ich so generell nicht sagen. Aber es schadet sicher nicht zu schauen, wie sauber der einzelne Imbiss ist.

Sie sind nicht nur in Imbissbuden unterwegs...

Wir haben rund um die Uhr ein Team auf dem Fleischgroßmarkt in der Beusselstraße. Und wir kontrollieren täglich die großen Döner-Produzenten in Mitte. Dabei untersuchen wir jedes Stadium der Produktion: Von der Fleischeinlieferung, über die Verarbeitung bis zur ordnungsgemäßen Kennzeichnung.

Ihre Behörde stand nach dem letzten Gammelfleischskandal auch in der Kritik. Was hat sich seitdem verbessert?

Die Politik hat erkannt, dass wir mehr Personal brauchen. Jetzt haben wir zumindest fünf neue Mitarbeiter - das ist doppelt so viel wie vorher. Und Sie können beruhigt sein: Der Verbraucherschutz ist gewährleistet.

Interview: T. Below/M. Kaul

Aus der Imbisslandschaft hört man andere Töne: Für viele Dönergriller hat der Preis längst sein Maximum erreicht. Bei Bürkan Firat in Kreuzberg kostet der Döner 2,30 Euro. Vor drei Monaten hat er den Preis erst um 30 Cent erhöht. "Mehr kann ich hier auf keinen Fall verlangen." Bei einer Umfrage unter seinen Stammkunden hat Firat, der eigentlich anders heißt, herausgefunden: Niemand kommt zu ihm wegen des guten Döners, alle wegen des niedrigen Preises. "Das Imbissgeschäft macht keinen Sinn", sagt er. "Der einzige Sinn ist: Es ist besser als Hartz IV."

Eine "gewisse Kopflosigkeit" attestiert Dönerproduzent Tasyumuruk seinen Abnehmern: "Es fehlt an wirtschaftlichem Fachwissen." Imbissketten gebe es in der Dönerbranche nicht, und die meisten Läden würden von Familien betrieben, die ihre Kosten falsch kalkulierten. "Der Ansatz für Betriebskosten wie Miete und Strom ist meist zu niedrig. Viele Betriebe überleben nur, weil der Besitzer 16 Stunden arbeitet. Den Stundenlohn darf man da nicht berechnen."

Dönerdreher Mehmet Kitapcilik (Name ebenfalls geändert) kennt die Misere ganz genau: Der 26-jährige Familienvater arbeitet im Laden seines Vaters. Täglich fünf bis sechs Stunden steht er im Geschäft - dafür bekommt er am Ende des Monats gut 400 Euro. "Hier funktioniert es nur, wenn wir zusammenhalten."

Gehälter und Arbeitsverträge sind ein heikles Thema in der Imbissbranche. In einem türkischen Restaurant in der Nähe des Kottbusser Tors wird die Tür zugeschlagen, wenn man nach dem Gehalt fragt. Insider und Experten bestätigen jedoch gegenüber der taz, dass die Quote der Schwarzarbeit im Gastrobereich besonders hoch liegt. Den Grillunternehmern bleibt bei der starken Konkurrenz offenbar keine andere Wahl.

"Hier sieht es zwar friedlich aus, aber in Wahrheit herrscht Krieg", sagt auch Bürkan Firat und blickt auf den Dönerladen gegenüber. Firat ist einer von einem knappen Dutzend Dönerladenbesitzern rund um das Kottbusser Tor. Von 8 bis 23 Uhr arbeitet er täglich in seinem Geschäft. "Sonntags, Silvester, an Weihnachten und zum Zuckerfest." Denn neben seinem einzigen Mitarbeiter kann Firat sich keinen weiteren Angestellten leisten. "Und krank sein kann ich mir auch nicht leisten." Seine zwei Kinder sieht er täglich 15 Minuten. "Oder wenn sie mich hier besuchen kommen."

Vor zehn Jahren sah die Situation für Dönergriller noch ganz anders aus. "Wer damals als Fabrikarbeiter arbeitslos wurde, hat mit seiner Abfindung einen Imbiss eröffnet. Das geht heute nicht mehr", sagt Tasyumuruk. Inzwischen kämpfen die kleinen Betriebe um ihre Existenz.

Das Drehen an der Preisschraube ist aber nur eine der Antworten auf die Krise. Viele Grillunternehmer hätten inzwischen Energieberater beauftragt, so Tasyumuruk. Und Innovationen können auch das Überleben sichern: In Prenzlauer Berg hat kürzlich ein Biodöner eröffnet.

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