OFF-KINO
: Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

Einen der schönsten Filme überhaupt drehte Regisseur Max Ophüls mit „Letter From an Unknown Woman“ nach der Novelle von Stefan Zweig 1948 im Exil in Hollywood. Mit der für seine Filme so typischen fließenden Eleganz, einer in Rückblenden verschachtelten Erzählung und einem bittersüßen Unterton rollt Ophüls die Geschichte von Lisa (Joan Fontaine) auf, die sich im Wien der Jahrhundertwende als Mädchen unsterblich in den Konzertpianisten Stefan Brand (Louis Jourdan) verliebt und dieser Amour fou im Laufe des Lebens nicht nur ihre gesellschaftliche Stellung, sondern auch ihre Gesundheit und ihr Leben opfern wird. Denn Brand ist ein zwar charmanter, jedoch tragisch oberflächlicher Playboy, für den Lisa nur irgendeine Frau ist, die er bei jedem neuen Aufeinandertreffen nicht mehr wiedererkennt. Ophüls verdeutlicht dies mit einer grausamen Positionierung der Kamera: Wenn Lisa schließlich mit Brand die Treppe zu seiner Wohnung hinaufsteigt, wird sie aus genau dem gleichen Blickwinkel aufgenommen wie Brands Zufallsbekanntschaften zuvor. Weitere Ophüls-Filme zeigt das Arsenal ebenfalls in der kommenden Woche.

Eine kleine Hommage gibt es auch zu Ehren des italienischen Regisseurs Giuseppe De Santis, eines wichtigen Vertreters des Neorealismus, der mit „Bitterer Reis“ 1949 einen richtigen Welterfolg erzielt hatte. Der Film vermengt geschickt eine Studie des Lebens von ungelernten und ausgebeuteten Arbeiterinnen auf den Reisfeldern der Poebene mit einem Melodram um die – kriminellen – Versuchungen, denen die von Wohlstand träumenden Frauen ausgesetzt sind. Einen nicht zu unterschätzenden Appeal erlangte der Film auch durch Silvana Mangano, die ehemalige Miss Rom, in der Hauptrolle. Das Pin-up-Image konnte Mangano allerdings schnell hinter sich lassen und avancierte in der Folge zu einer der Lieblingsschauspielerinnen von Pasolini und Visconti. Eine Einführung in das Werk von De Santis geben am Freitag die Filmwissenschaftler Franco Sepe und Marco Grossi.

So gar nichts mit Neorealismus am Hut haben hingegen die amerikanischen Trickfilmregisseure Jimmy Hayward und Steve Martino, die die 1954 vom populären Kinderbuchautor Dr. Seuss veröffentlichte Geschichte „Horton Hears a Who!“ in einen Computeranimationsfilm umsetzten: Da entdeckt der liebenswerte Elefant Horton auf einem Staubkorn die Parallelwelt der kleinen Hu-Wesen, die er nicht sehen, sondern nur hören kann, und versucht in der Folge, seine neuen Schutzbefohlenen vor allerlei Gefahren in Sicherheit zu bringen. Allerdings glauben ihm seine Urwaldmitbewohner kein Wort und halten ihn für völlig bescheuert. Das Design der Hu-Welt und ihre pelzige Bewohner sind durchweg reizend, der Humor allerdings bleibt eher konventionellem Slapstick verhaftet. Für die kleineren Zuschauer hat der Film dann noch eine Reihe sinnvoller pädagogischer Weisheiten im Gepäck, geht es in der Geschichte doch hauptsächlich um Toleranz und elefantöse Menschlichkeit. Schließlich lautet Hortons Grundsatz: „A person’s a person, no matter how small.“

LARS PENNING

„Letter From an Unknown Woman“ (OF) 21./22. 6. im Arsenal

„Bitterer Reis“ (OmenglU) 20./23. 6. im Arsenal

„Horton hört ein Hu!“ 19.–25. 6. Intimes; 22. 6. Thalia Movie Magic