OFF-KINO
: Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

Einmal mehr hat das Fantasy-Filmfest die Pforten (der Hölle?) geöffnet und wie immer werden dem Filmfreund neben all dem modernen Blutspritzzeug auch einige Horrorklassiker geboten. In diesem Jahr besteht das Doppelprogramm aus „The City of the Dead“ (1960) und „Taste the Blood of Dracula“ (1970), die sich beide durch die Mitwirkung des stets großartigen Christopher Lee auszeichnen. Zwar spielt der keine Hauptrolle, doch seine Auftritte beeindrucken nachhaltig. John Moxeys „The City of the Dead“ erweist sich als eine echte kleine Entdeckung: Von Kameramann Desmond Dickinson extrem kontrastreich fotografiert, weiß der Schwarzweißfilm aus limitierten Schauplätzen das Beste zu machen und erzeugt ein Maximum an gruseliger Atmosphäre. Im wabernden Nebel des Dorfes Whitewood in Neuengland treiben nämlich untote Hexen und Zauberer ihr Unwesen und opfern zu Lichtmess dem Satan eine junge Hexenforscherin, die sich, nun ja, irgendwie ein wenig dämlich anstellt und schließlich im Kellergewölbe ins Jenseits befördert wird. Christopher Lee verkörpert hier einen auf Hexen spezialisierten Geschichtsprofessor, der sich beim grandiosen Finale auf dem Friedhof ebenfalls als einigermaßen untot herausstellt. In der Hammer-Produktion „Taste the Blood of Dracula“ hat Lee hingegen wieder seine angestammte Rolle als Blut saugender Graf inne, der hier gegen Ende der viktorianischen Epoche von einigen gelangweilten Geschäftsleuten in einer verlassenen Kirche wiederbelebt wird. Doch bald schon fallen die Herren der Rache Draculas anheim, der sich dazu der erwachsenen Kinder seiner Opfer bedient: Am schönsten ist sicher jene Szene, in der eine Tochter dem Vater frohlockend einen Holzpflock ins Herz treibt. Viel Sinn ergibt die Story zwar nicht, doch wie nahezu alle Hammer-Filme zeichnet auch diesen ein besonderer Sinn für Stil aus, der Spaß an der Rekreation einer Epoche, deren Erscheinungsbild von Kutschen, steifen Kragen und Backenbärten geprägt war.

Che Guevara fährt in den Urlaub. Gemeinsam mit seinem Freund Alberto schwingt er sich auf ein altersschwaches Motorrad, um den südamerikanischen Kontinent vom Süden bis zum Norden zu durchqueren. Ein Spaßtrip soll es werden, ein touristisches Erkunden fremder Länder mit wenig Geld und viel Improvisation. Und das ist ja zumindest im Ansatz einmal etwas Neues von jenem Mann, den man sonst nur noch als verklärtes Popidol für Salonrevolutionäre wahrnimmt. Die Reise, die der Film „Diaros de Motocicleta“ von Walter Salles beschreibt, fand im Jahr 1952 tatsächlich statt: Damals war Che noch ein Medizinstudent namens Ernesto und die Reise konfrontierte ihn erstmals mit den Auswirkungen von Armut und Unterdrückung in Lateinamerika. Ob man zwischen hübschen Landschaftsaufnahmen, lustigen Anekdoten und erwachendem sozialen Bewusstsein den „wahren“ Che entdecken kann, sei einmal dahingestellt – doch Salles Film zeigt, was es bedeutet, jung und abenteuerlustig zu sein und mit offenen Augen durch die Welt zu gehen. Mehr hatte Ernesto damals gar nicht im Sinn. LARS PENNING

„The City of the Dead“, „Taste the Blood of Dracula“ 19. 8. im CinemaxX

„Die Reise des jungen Che – The Motorcycle Diaries“ (OmU) 18./20. 8. im Filmmuseum Potsdam