OFF-KINO
: Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

Mit Filmen wie „Die Unglaublichen“ (2004) und „Ratatouille“ (2007) ist Brad Bird zu einem der weltweit profiliertesten und kreativsten Animationsregisseure avanciert. Plausible Figuren mit allzu menschlichen Problemen, ebenso originelle wie überraschende Einfälle und der Glaube an die Animation als Kunstform verbinden sich in Birds Filmen zu intelligenter Unterhaltung. Nachdem er in den 1990er Jahren zunächst als „executive advisor“ bei den „Simpsons“ tätig war, konnte Bird 1999 seinen ersten eigenen Spielfilm drehen: Für „Der Gigant aus dem All“ adaptierte er das Kinderbuch „The Iron Man“ von Ted Hughes, aus dem Pete Townshend auch ein Musical gemacht hatte. In einer Art doppelter Initiationsgeschichte findet darin ein einsamer, fantasiebegabter Junge im Wald (in tollen Farben: der Indian Summer in Maine) einen riesigen eisernen Roboter und lernt im Umgang mit dem fremden Spielkameraden etwas über Leben und Tod, Freundschaft und Verrat. Im Gegenzug führt er den sympathischen eisernen Mann – eine eigentlich unbesiegbare Wunderwaffe aus dem All – in die Welt menschlicher Gefühlsregungen ein. Indem Bird die ursprünglich in England angesiedelte Geschichte in das Amerika der späten 1950er Jahre verlegte, gab er ihr einen konkreten Bezugsrahmen: den Kalten Krieg mit der hysterischen Angst vor allem Fremden und Unamerikanischen. Zudem schuf er sich und seinem Team die Möglichkeit, mit dem Design des Films eine ungemein detailgenaue, ebenso liebe- wie humorvoll gestaltete Hommage an das amerikanische Kleinstadtleben der Fünfziger zu schaffen: vom Diner über die Straßenkreuzer bis zur unvermeidlichen Milchbar. (10.–13. 5. Moviemento, 12.–13. 5. Union, 16. 5. Bali)

„Vor Geiselgasteig – steht der Valentin, er steht vor den Toren – selten war er drin.“ Mit bitterem Spott besang Karl Valentin einst sein „Filmpech“ – dabei war seine Beziehung zum Kino seit den Tagen des stummen Films eigentlich vielversprechend gewesen: Bereits eine Reihe erhalten gebliebener Werke aus den Jahren 1912 bis 1915 zeigen ihn als originellen Filmpionier. Berühmt machten ihn jedoch vor allem die Filme mit seiner Partnerin Liesl Karlstadt: Der kleinbürgerlichen Existenz und ihrem Streben nach Ordnung sagten die beiden in ihren Werken den Kampf an, und Valentins Umständlichkeit und seine absurde Logik sind dazu die probaten Mittel. Da werden bürgerliche Konventionen derart ad absurdum geführt, dass ihm in „Der Theaterbesuch“ nicht einmal mehr der Name des eigenen Sohnes einfällt. Wie ein Witz mutet es da an, dass der größte Teil von Valentins Filmen ausgerechnet im Dritten Reich unter einer Diktatur größenwahnsinniger Spießbürger entstand. Es ging dann auch nicht lange gut: Als offenbar wurde, dass man ihn zusehends als harmlosen Querulanten in bayerische Schwänke abzuschieben gedachte, trat Valentin 1940 aus der Reichsfachschaft Film aus – es war das Ende seiner Karriere. (Kurzfilme mit Karlstadt und Valentin „Der verhexte Scheinwerfer“, „Der Theaterbesuch“, „Im Schallplattenladen“ 13. 5. Arsenal) LARS PENNING