Ausstellung "Star und Fotograf": Auf der anderen Seite

Die Ausstellung "Pigozzi and the Paparazzi" widmet sich dem Verhältnis von Star und Fotograf. Das war schon mal entspannter als heute - wie viele der 350 in Berlin gezeigten Fotografien belegen

Model im Blitzlichtgewitter. Bild: dpa

Die Schauspielerin Scarlett Johansson crasht ihr Auto auf einem Disneylandparkplatz. Ihre Kollegin Halle Berry prallt mit ihrem Wagen gegen eine Mauer, Orlando Bloom rammt zwei parkende Autos. Was diese drei Unfälle gemeinsam haben: Sie sollen, so beklagen die beteiligten US-Stars, von Paparazzi auf Bilderjagd verursacht worden sein. Ob die Vorwürfe stimmen oder nicht - sie wundern niemanden.

Paparazzi gelten heute gemeinhin als Bodensatz des Fotojournalismus und ihre Arbeitsmethoden als rücksichtslos. Dass das mal anders war, zeigt die Ausstellung "Pigozzi and the Paparazzi" in der Berliner Helmut Newton Foundation, die sich - erstmals in Deutschland - mit diesem Berufsstand auseinandersetzt. Genauer gesagt: mit seinen altmeisterlichen und schillernden Vertretern.

Am Anfang steht Erich Salomon. Er fotografierte in Zeiten der Weimarer Republik hohe Politiker, wie sie bei ihren nächtlichen Treffen über die Neuordnung Europas berieten. Sein berühmtestes Bild entstand in dem Moment, als der damalige französische Außenminister Aristide Briand den Einschleicher Salomon hinter einem Vorhang im Außenministerium entdeckte. Arthur Fellig hingegen, Weegee genannt, war in den 1930ern als Polizeifotograf auf das Ablichten von Tatorten in New York spezialisiert, bevor er begann, die Reichen und Mächtigen der Stadt in entlarvenden Momenten abzubilden.

Die Paparazzifotografie steht in der Tradition der Arbeiten von Salomon und Weegee. Allerdings kam die Berufsbezeichnung "Paparazzo" erst 1960 mit Federico Fellinis Film "La Dolce Vita" auf, in dem ein nerviger Fotograf diesen Namen trägt. Diese Zeit hat es den Ausstellungsmachern besonders angetan. Die 1960er und 70er werden als spielerische Jahrzehnte inszeniert, in denen es den Paparazzi nicht nur um den brutalen Abschuss geht wie heute üblich, sondern eher um einen Flirt zwischen Promi und Kamera.

Was dann zu so ungewöhnlichen Bildern führt wie jenem, das Ron Galella von Jackie Kennedy Onassis auf Einkaufstour machte: Onassis huscht in Jeans eine New Yorker Straße entlang, die braunen Haare im Gesicht, die große Sonnenbrille auf der Nase, und lächelt Galella im Vorbeigehen ein entwaffnendes Lächeln entgegen. Es ist mehr ein Porträt als ein Schnappschuss, die Menschwerdung einer Ikone. Mit Marlon Brando hatte Galella weniger Glück. Der Paparazzo ging dem Schauspieler dermaßen auf den Zeiger, dass Brando seinem Schatten Galella den Unterkiefer zertrümmerte und ihm bei der Gelegenheit auch noch fünf Zähne ausschlug. Woraufhin Galella sich Brando vorsichtshalber meist nur noch mit einem albern aussehenden Footballhelm auf dem Kopf näherte - auch das dokumentiert die Ausstellung.

So sehr Paparazzi die Objekte ihrer Begierde nerven und gefährden mögen: Es gibt zahlreiche Prominente, die mit den aufdringlichen Fotografen in einer Symbiose leben. Die Dauerbelagerung durch Paparazzi hat eine Figur wie Paris Hilton überhaupt erst möglich gemacht und hält sie am Leben. Drama Queen Britney Spears trieb das symbiotische Verhältnis vor einigen Monaten auf die Spitze: Inmitten der außer Rand und Band geratenen Britney-Bildberichterstattung (man erinnere sich an Britney beim Haarescheren, ihren Zusammenbruch, Britney vor Gericht) wählte sich die Sängerin als Freund plötzlich ausgerechnet Adnan Ghalib - den von der Agentur FinalPixx auf sie angesetzten Paparazzo.

"Pigozzi and the Paparazzi". Bis zum 16. November in der Helmut Newton Foundation Berlin, Jebensstraße 2, täglich außer montags von 10 bis 18 Uhr geöffnet, donnerstags bis 22 Uhr

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