Alles so schön sauber

SPORTPRESSE Der Olympische Sportbund versucht sich mit einem Hochglanzmagazin aufzuhübschen

Zu Vancouver 2010 wurde es nun an ausgesuchte Vertreter von Medien, Wirtschaft und Politik verteilt

Die Modernisierungsmaschine macht natürlich auch vor dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) nicht Halt. Unermüdlich werden im Machtzentrum des organisierten Sports neue Projekte ausgeheckt und wird mit schon fast religiösem Eifer versucht, sich in Sachen Marketing und Medien dem schnellen Tempo der Zeit anzupassen. Das neueste Produkt aus dem Haus des Sports in Frankfurt heißt Faktor Sport.

Dieser sperrige Titel steht für ein Hochglanzmagazin des Deutschen Olympischen Sportbundes. Zu Vancouver 2010 wurde es nun an ausgesuchte Vertreter von Medien, Wirtschaft und Politik verteilt.

„Wir wollen den Sport von einer Außenperspektive betrachten. Ihn von einer Seite zeigen, die woanders in den Zeitungen keinen Platz findet. Kritik ist ausdrücklich erwünscht“, erklärt Jörg Stratmann, der Chefredakteur DOSB-Medien und damit auch von Faktor Sport. Die Frage bleibt – und daran wird der ehemalige FAZ-Redakteur Stratmann sicher zu knacken haben –, wie und ob überhaupt das gelingen kann. Verbandsmagazine sind, gerade aus dem Hause des Deutschen Sports, oft nicht mehr als eine Art mediale Erfüllungsgehilfen ihrer Funktionäre.

Faktor Sport ist 72 Seiten stark und „magazinig“ layoutet. Also mit den bekannten Stilmitteln von weiträumigen Fotostrecken, Weißflächen, verschiedenen Schrifttypen auf modern und formschön getrimmt. „Unser Magazin hat kein Vorbild, es soll eigen und kritisch sein“, erklärt Chefredakteur Stratmann. Ein Blick hinein zeigt jedoch, wie schnell sich das sicher ehrlich gewollte und durchaus vorhandene kritische Potenzial erschöpfen kann und der Repräsentationscharakter eines Verbandsorgans zu seinem Recht gelangt. Eine journalistische Außenansicht auf das „Deutsche Haus“ von Vancouver ist so zum Beispiel unmöglich.

Faktor Sport ist fast immunisiert gegenüber wirklich kritischer Selbstreflexion, wenn es den „Migranten im Sport“, der „Zweierbeziehung von Sport und Medien“ oder dem „Mentaltraining“ auf die Schliche kommen will. Konzeptionell steckt übrigens die Medienfabrik Gütersloh dahinter, eine Bertelsmann-Tochtergesellschaft, die schon die Fifa-Organe zur Fußball-WM 2006 in Deutschland von jedem Ansatz einer kritischen Berichterstattung befreit hatte.

So glatt, wie Faktor Sport wirkt, ist übrigens seine Entstehungsgeschichte nicht. Es gibt nämlich im organisierten deutschen Sport bereits ein (wirklich) kritisches Medium. Das ist zwar zugegebenermaßen ein wenig altbacken mit Olympisches Feuer (OF) betitelt. Doch hinter diesem 1951 gegründetem Traditionsorgan stecken kluge Köpfe und es ist inhaltlich bemerkenswert modern. Auf reduzierte 16 Seiten, als eine Art geduldete Beilage und Auflagenverstärker, sollte das Olympische Feuer jetzt im Faktor Sport aufgehen. Und dafür 60.000 Euro zahlen.

„Ein unmoralisches Angebot“, sagt OF-Chefredakteur Harald Pieper – gegen das sich die Redaktion wie die Deutsche Olympische Gesellschaft als OF-Herausgeberin erfolgreich wehrten. Nun wird OF weiter „als kritische Zeitschrift die Entwicklungen und Fehlentwicklungen des Deutschen Sports begleiten“, sagt Harald Pieper. Egal ob das dem DOSB passt.

TORSTEN HASELBAUER