Innenminister durchleuchten Journalisten: Journalisten-Check rechtens

Von Journalisten zu verlangen, sich vor Terminen der Innenministerkonferenz durchleuchten zu lassen, ist rechtens, sagt das Verwaltungsgericht.

Gefährdete Spezies hat Spaß: Hamburgs Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU) mit seinem noch-Amtskollegen aus Hessen, Volker Bouffier (CDU). Bild: dpa

BREMEN/BERLIN taz | Die Fotoreporterin Marily Stroux ist mit ihrer Klage gegen die Akkreditierungsvorschriften der seit gestern laufenden Innenministerkonferenz der Länder (IMK) in Hamburg gescheitert. Stroux, die auch für die taz arbeitet, wollte an Presseterminen der Innenminister teilnehmen, hatte sich aber gegen die für die Akkreditierung verlangte Weitergabe ihrer Daten an die Polizei gewehrt. Die Überprüfung der JournalistInnen durch das Landeskriminalamt sei "grundsätzlich zumutbar", urteilte am Donnerstagabend das Hamburger Verwaltungsgericht in einer Eilentscheidung. Das Oberverwaltungsgericht wies Strouxs Beschwerde gegen diese Entscheidung Freitagmittag ebenfalls zurück.

Auch taz-Redakteur Kai von Appen soll nun der Zugang zur Pressekonferenz am Freitag versagt werden. "Eigentlich wollten wir bei Herrn von Appen eine Ausnahme machen, weil wir ihn seit Jahrzehnten kennen und keine Sicherheitsbedenken haben", sagte Ralf Kunz, Sprecher der zuständigen Hamburger Innenbehörde. Doch das Urteil binde die Behörde: "Wir müssen jetzt bei gleichen Sachverhalten gleich verfahren und können niemanden mehr zulassen, der die Sicherheitsüberprüfung verweigert", so Kunz.

Auf dem Akkreditierungsformular für die IMK findet sich eine "Einwilligungserklärung", nach der die angabepflichtigen Daten wie Name, Adresse, Pass- bzw. Personalausweisnummer, Redaktion und telefonische Erreichbarkeit "zum Zweck der Überprüfung sicherheitsrelevanter Umstände an das Landeskriminalamt übersandt" werden. "Soweit der Antragsteller in diese Verarbeitung nicht einwilligt, kann eine Akkreditierung nicht erfolgen", heißt es weiter.

Laut Verwaltungsgericht Hamburg geht die Überprüfung, der ein weiterer taz-Redakteur zugestimmt hat, in Ordnung: Die Einwilligung stelle "ein sachgerechtes und verhältnismäßiges Kriterium dar, um über die Zulassung der einzelnen interessierten Pressevertreter zu einer sicherheitsrelevanten Veranstaltung zu entscheiden".

Die vom Grundgesetz garantierte Pressefreiheit könne hierbei nicht als "unmittelbare Anspruchsgrundlage" herangezogen werden, da "weder ein Fototermin, der speziell für die Presse (…) abgehalten wird", noch die abschließende IMK-Pressekonferenz "im Bürgermeistersaal des Rathauses" zu den "allgemeinen Informationsquellen" gehörten, so das Gericht.

Das Hamburger Oberverwaltungsgericht (OVG) folgte dieser Argumentation: Die "Maßnahmen" stellten keinen unzulässigen Eingriffs in Strouxs grundrechte da, so das OVG. Die Innenminister des Bundes und der Länder stellten "eine besonders gefährdete Personengruppe dar, die des besonderen Schutzes bedürfen.

Stroux hatte sich bereits 2007 ihre Akkreditierung zum G-8-Gipfel in Heiligendamm vor dem Overvwaltungsreicht Berlin erstreiten müssen. Bei der seinerzeitugen Überprüfung durch das LKA Hamburg waren gegen Stroux auch Verkehrsdelikte wie Falschparken aus der Vorgangsverwaltungsdatei "ComVor-Index" herangezogen worden.

Laut Hamburger Innenbehörde ist die durchgeführte Sicherheitsüberprüfung von Journalisten bei Anlässen wie der IMK kein Novum, sondern Routine. "Das wird immer so gemacht", sagte Ralf Kunz. Man habe zwar diesmal eine Einverständniserklärung verlangt, sei daran aber gar nicht gebunden: "Wir dürfen die Sicherheitsüberprüfung auch dann machen, wenn eine Einverständniserklärung nicht vorliegt", sagte Kunz.

Bei den beiden vorangegangenen Innenministerkonferenzen 2009 in Bremen und Bremerhaven hatte die dortige Innenbehörde auch auf das Einverständnis der Journalisten verzichtet. "Wir haben Namen und Geburtsdatum zur Sicherheitsüberprüfung an die Polizei gegeben," sagte der Sprecher von Bremens Innensenator Ulrich Mäurer (SPD), Rainer Gausepohl, der taz.

Auf dem Akkreditierungsformular befand sich jedoch kein Hinweis auf eine Datenabfrage bei LKA oder BKA - geschweige denn, dass die Journalisten aufgefordert worden wären, sich damit einverstanden zu erklären.

Journalistenorganisationen wie die Deutsche Journalisten Union (dju) haben gegen die Akkreditierungspraxis bei der IMK protestiert: Sie stelle einen "unverhältnismäßigen Eingriff in die Pressefreiheit" dar, so die dju.

Die taz hatte am Donnerstag ähnliche Überprüfungspraktiken von JournalistInnen bei der Akkreditierung für Sportveranstaltungen wie die Ski-WM im kommenden Jahr hingewiesen. Ein Arbeitskreis von Medienverbänden will Anfang Juni einen Forderungskatalog vorlegen, der gegen den Überprüfungszwang – vom LKA bis zum BND – protestiert. Adressat solcher Forderungen ist übrigens – die Innenministerkonferenz der Länder.

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