Weniger ungebetener Besuch

PRESSEFREIHEIT 2 Journalisten, die über geheime Papiere schreiben, sollen nicht mehr wegen Beihilfe zum Geheimnisverrat belangt werden können. Auch Beschlagnahmen erschwert

VON CHRISTIAN RATH

Die Bundesregierung will die Pressefreiheit stärken. Die Veröffentlichung geheimer Dokumente soll künftig nicht mehr als Beihilfe zum Geheimnisverrat gelten. Das sieht ein Gesetzentwurf vor, den das Bundeskabinett am Mittwoch auf Vorschlag von Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) auf den Weg brachte.

Sie reagiert damit auf eine Reihe von Ermittlungsverfahren gegen Journalisten, die aus vertraulichen Akten, zum Beispiel von Untersuchungsausschüssen, zitiert haben. Zwar gilt schon seit 1979, dass sich nur Amtsträger wegen Geheimnisverrats strafbar machen können. Polizei und Staatsanwaltschaft waren jedoch findig und ermitteln gegen die Journalisten wegen Beihilfe zum Geheimnisverrat. Journalisten unterstützten den Geheimnisverrat des Amtsträgers, indem sie solche Dokumente veröffentlichen oder daraus zitieren, so die Ermittlerlogik.

Ziel solcher Ermittlungsverfahren ist meist nicht die Bestrafung der Journalisten, sondern das Leck im Staatsapparat zu finden. Dabei ist aber der Zugriff auf die Medienleute bequem, da sie ja öffentlich bekannt sind. Gern wurden dabei auch Redaktionsräume durchsucht.

Im Februar 2007 hat das Bundesverfassungsgericht jedoch die Möglichkeit zur Durchsuchung von Redaktionsräumen stark eingeschränkt. Die bloße Veröffentlichung eines geheimen Dokuments soll eine Durchsuchung nicht mehr rechtfertigen können. Geklagt hatte damals die Zeitschrift Cicero, die aus einem geheimen Bericht des Bundeskriminalamtes zitiert hatte und daraufhin von der Polizei besucht wurde.

Seither hat es zwar keine spektakulären Durchsuchungen mehr gegeben, dennoch wurden zum Beispiel auf Betreiben des Bundestags mehrere Ermittlungsverfahren gegen Journalisten eingeleitet, die über geheime Details des BND-Untersuchungsausschusses berichtet haben. Die brachten zwar keine Ergebnisse, hatten aber doch potenziell einschüchternde Wirkung.

Jetzt sollen sich Journalisten nicht mehr wegen Beihilfe zum Geheimnisverrat strafbar machen. Dies will die Bundesregierung jetzt ausdrücklich im Strafgesetzbuch (§ 353b) klarstellen.

Der staatliche Informant bleibt allerdings weiter strafbar. Journalisten könnten bei Ermittlungen gegen unbekannt also als Zeugen vernommen werden, haben dann aber ein Zeugnisverweigerungsrecht.

Strafbar bleiben auch Journalisten, wenn sie staatliche Informanten zum Geheimnisverrat anstiften. Die Grünen hatten in der letzten Wahlperiode beantragt, auch die Anstiftung straflos zu stellen, doch der FDP ging das schon damals zu weit.

Es besteht allerdings wenig Gefahr, dass gegen Journalisten jetzt regelmäßig wegen Anstiftung zum Geheimnisverrat ermittelt wird. Sicherheitshalber will die Regierung in der Strafprozessordnung (§ 97) aber noch klarstellen, dass Beschlagnahmungen bei Medienleuten nur möglich sind, wenn ein „dringender Tatverdacht“ gegen sie besteht. Hier sei künftig eine „sehr gesicherte Tatsachengrundlage“ erforderlich, so der Gesetzentwurf, der der taz vorliegt.

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