Ethno-Subkultur im Kölner Karneval: Schnauz trägt Fell

Eine Doku zeigt die "Kölner Stämme". Die Ethno-Gruppen aus Hunnen und Mongolgen rangieren irgendwo zwischen Kulturverein und Karnevalsumzug.

Attila, Dschingis Khan und Co. oder: die "Kölner Stämme". Bild: WDR/Privat

BERLIN taz | "Können die in der Mongolei nicht mal was Atmungsaktives erfinden?", mosert Gabi. Aber der grün-lila-goldene Fummel, in den sie sich gerade gezwängt hat, muss sein, von wegen Authentizität und so. Ihr Mann hat sogar eine eigene Jurte gebastelt, handbemalt. Bei den Zeltlagern ihres Vereins, der 1. Kölner Mongolenhorde, da wollen sie nämlich was hermachen.

Gabi und ihr Mann gehören zu einer karnevalesken Kölner Subkultur, die dem Rest der Republik weniger bekannt sein dürfte als das bunte federbepuschelte Funken-Karnevalsvereinstum: In gut 80 Vereinen organisieren sich die "Kölner Stämme" - Ethno-Gruppen, irgendwo zwischen Kulturverein und Karnevalsumzügen.

Die meisten von all diesen echt kölschen Ureinwohnern schlüpfen in die Rolle von Mongolen oder Hunnen - ihnen hat die Journalistin Anja Dreschke pünktlich zum Beginn des Kölner Straßenkarnevals eine Dokumentation gewidmet. Lässt erklären, was Hunnen mit der Stadtlegende der heiligen Ursula und ihren 11.000 Jungfrauen zu tun haben. Begleitet die Mongolen bei einer Vereinssitzung, in der sie leidenschaftlich diskutieren, ob sie eigentlich ein Karnevals- oder ein Kulturverein sind.

Fellbehangene Attilas

Und nähert sich mit viel Sympathie den grimmig geschminkten und fellbehangenen Attilas und Dschingis Khans, die alljährlich auf Grünflächen in und um Köln ihre Zelte aufschlagen, ihre beeindruckenden Bierbäuche in metallbeschlagene Lederrüstungen zwängen und mit ihrer Schnauzbärtigkeit ihrem Vereinshobby frönen. Angetrieben von einem um Authentizität bemühten Hobbyperfektionismus, wie er deutscher kaum sein könnte.

So kontrollieren die Oberhunnen in ihren Zeltlagern, dass ja niemand mit einem Plastikstühlchen in seiner Jurte das 4.-Jahrhundert-Ambiente versaut. Nur um wenig später im vollen Hunnenornat eine Party zu feiern, bei der aus fetten Boxen kölsche Schunkelmusik dröhnt.

23.15 Uhr, WDR

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.