„Another record year“

JAHRESBILANZ ProSiebenSat.1 macht Rekordumsatz, baut Schulden ab – und Fernsehvorstand Bartl

Was haben Deutsche-Bahn-Zugbegleiter und ProSiebenSat.1-Vorstände gemeinsam? Die meisten von ihnen sprechen merkwürdiges Englisch. Aber was macht das schon, wenn die Zahlen stimmen und man im internationalen Geschäft mitmischen will. Bei ihrer gestrigen Bilanzpressekonferenz verkündete P7S1-Vorstandschef Thomas Ebeling also „another record year“ für die Privatsendergruppe und machte in Zukunftsmusik: Bis 2015 soll der Umsatz von heute 2,76 Milliarden Euro noch mal um mindestens 750 Millionen Euro wachsen.

In Deutschland gehören ProSieben, Sat.1, Kabel 1, sowie der neue, eher schlichte, Frauensender Sixx (vormals 9live) zur Sendergruppe. Damit repräsentiert die börsennotierte AG rund die Hälfte des privaten deutschen Free-TV-Markts. Der Rest gehört RTL. Vom Nachrichten- und Flugzeugträgerdoku-Kanal N 24 hatte sich die P7S1-Gruppe hingegen 2010 getrennt.

Getrennt hat sie sich auch von Andreas Bartl, ihrem bisherigen Fernsehvorstand, der jetzt eine „entrepreneurial career“ (Ebeling) anstrebt – also sehen muss, wo er bleibt. Bartl saß in München aber noch einmal mit auf dem Podium und bedankte sich brav: „Gestern ist eine lange, lange Reise für mich zu Ende gegangen“, sagte er, natürlich auf English, und dass das „quite a ride“ gewesen sei. Denn Bartl, der als freier Mitarbeiter 1990 bei ProSieben anfing, hat eine so ungewöhnliche wie steile Karriere im deutschen Privatfernsehen hinter sich. Nach mehreren Jobs bei ProSieben wurde der heute 49-Jährige im Jahr 2000 Chef bei Kabel 1 und zog stolz wie Oskar mit „Dallas“-Wiederholungen und Larry Hagman durch die Werbeagenturen. Wer ihn damals kennenlernte, wähnte ihn bereits auf dem Höhepunkt seines Schaffens.

Doch erst mit dem Verkauf von P7S1 an die Finanzinvestoren KKR und Permira ging es für Bartl durch die Decke: 2006 wurde er ProSieben-Chef und übernahm 2010 auch noch Sat.1, nachdem der Sender ein Jahr vorher in Berlin zerschlagen und als personell eher leere Hülle zum Konzernsitz in Unterföhring bei München geholt wurde. Sat.1 bleibt auch aktuell das Sorgenkind der Sendergruppe, hat mit Joachim Kosack aber endlich wieder einen eigenen, fähigen Geschäftsführer.

Die AG freute sich gestern derweil am Erfolg von Sixx und ProSieben in Österreich. Immerhin: Der Konzern hat sich 2011 einige Schulden vom Hals geschafft. Vor einem Jahr stand P7S1 noch mit drei Milliarden in der Kreide. Denn KKR/Permira hatten nach guter Corporate-Raider-Art den Kaufpreis für die AG einfach dem Unternehmen als Schulden aufgebürdet. Ende Dezember war der Schuldenstand auf 1,8 Milliarden Euro gesunken.

Beim Schuldenschnitt half der 2011 erfolgte Verkauf der P7S1-Sender in den Benelux-Staaten, der gut 1,2 Milliarden Euro in die Kassen spülte. Nachdem KKR/Permira hierbei zunächst nicht von dem warmen Geldregen profitierten, erhalten sie nun eine leicht erhöhte Dividende.

Insgesamt überweist der Konzern 245 Millionen Euro an seine Aktionäre – üppige 79 Prozent des bereinigten Jahresüberschusses. STG (mit reuters)