CL-Moderator Jochen Breyer: Mit dem Treppenlift nach oben

Der Champions-League-Moderator Jochen Breyer ist kaum älter als die Spieler auf dem Platz. Er hat eine steile Karriere hingelegt.

Stand für die meisten nicht auf dem Zettel: Jochen Breyer. Bild: Jens Hartmann/ZDF/dapd

Am Mittwoch wird Oliver Kahn wieder zischend durch die Zähne einatmen und über Druck reden. Unmenschlichen Druck, den ein Fußballer und insbesondere ein Torwart immerzu spüre. Von der Anspannung des jungen Moderators neben ihm wird er vermutlich nichts erzählen.

Jochen Breyer wird an diesem Mittwoch, wenn der Deutsche Meister Borussia Dortmund bei Manchester City gastiert, zum ersten Mal auf der ganz großen Bühne moderieren: der Champions League im ZDF. Breyer ist 29.

Als das Zweite im Juli seine Protagonisten für die Übertragungen der Fußball-Königsklasse vorstellte, stand Breyer neben Ex-Torwart-Titan Kahn und „heute show“-Moderator Olli Welke. Die meisten hatten den dritten Mann wohl nicht auf dem Zettel.

Rasend schnell hat Breyer in den vergangenen fünf Jahren die Stufen im öffentlich-rechtlichen Karrieretreppenhaus genommen. Darauf angesprochen redet Breyer anfangs von „hinaufgestolpert“, von „Überraschung“ – und letztlich davon, dass ihn jemand auf den Karriere-Treppenlift gesetzt habe. Es ist das wohl passendste Bild für Aufstiege beim Rentnersender ZDF.

Zweitjob Field Reporter

Breyer hat früh angefangen bei M94.5, einem Studentenradiosender in München, dann hat er für die Süddeutsche Zeitung geschrieben, 2006 beim ZDF hospitiert, sich dort 2007 auf eine Redakteursstelle in der Sportredaktion beworben – und plötzlich stand er dann am Spielfeldrand und befragte Gewinner wie Verlierer. Breyer war Field Reporter. Er ist es noch immer: Wenn er nicht moderiert, ist das sein Job bei den Champions-League-Übertragungen.

Der Beruf des Field Reporters wird noch immer dominiert von alten Haudegen. Typen vom Schlage des Sky-Reporters Rollo Fuhrmann, von nahkampferprobten Reportern, die Fußballer vor die Kamera zerren – und dann die Floskelmaschine heiß laufen lassen: drei Fragen, drei Antworten – und: aus, vorbei, duschen. Mehrwert: negativ.

Breyer ist besser. Als er nach der ersten Qualifikationsrunde zwischen Mönchengladbach und Kiew (1:3) den Gladbacher Alexander Ring vor dem Mikro hatte und der ihm erzählte, dass die Mannschaft ein gutes Spiel gemacht habe, folgte die einzig logische Nachfolge: „Warum haben Sie denn dann verloren?“ Das konnte der bemitleidenswerte Ring nicht so recht beantworten. Ein Field Reporter, der seinem Gegenüber richtig zuhört und darauf sogar reagiert – damit konnte Ring nun wirklich nicht rechnen.

Journalistischer Anspruch

Bald nach diesem Spiel hat Breyers Vater ihn angerufen. Ob sein Sohn denn wisse, dass er nun sogar eine Wikipedia-Seite habe. Der Sohn wusste es nicht. Sein Vater überlegte kurz, ob er das Geburtsdatum konkretisieren sollte, noch immer steht da ja nur „November 1982 in Heidelberg“. Er hat es bleiben lassen.

Dem Sohn war das ganz recht. Jochen Breyer zieht es nicht in die Öffentlichkeit. Er ist keine Rampensau. Er twittert nicht, Facebook nutzt er kaum. „Ich muss mich nicht ständig reproduzieren.“ Nur noch moderieren, das will er auch nicht. „Dann bin ich nur noch eine Figur, ein Darsteller. Das ist mir zu wenig journalistisch.“ Er mag es, Beiträge für das „Aktuelle Sportstudio“ zu machen, in denen er nicht Ergebnisse nachbeten muss, „eine Geschichte erzählen kann“.

Doch das ZDF sähe ihn wohl gern als neuen jungen Starmoderator. Schließlich hat der Sender viel Geld in die Hand genommen, um die Rechte an dem „Fußball vom anderen Stern“ zu bekommen, wie es die ZDF-Werbeabteilung nennt. 54 Millionen Euro soll der Mainzer Sender dafür pro Saison überweisen.

Und Breyer bringt vieles mit, um zum neuen ZDF-Gesicht zu werden: Er ist jung, eloquent, witzig, er sieht gut aus. Außerdem hat er schon bewiesen, dass er es kann: Seit vergangenem Jahr moderiert Breyer die Frühschiene beim ZDF-„Morgenmagazin“ – von 5.30 Uhr bis 7 Uhr. „Da kann man nicht so viel kaputt machen“, spielt Breyer seine Rolle herunter, wohlwissend, dass die Stelle einst ein anderes Gesicht populär machte: Steffen Seibert. Der moderierte bald darauf das „heute journal“ und ist mittlerweile Regierungssprecher.

Ein internationaler Anfänger

Und so gehen sie beim Zweiten wenig zurückhaltend mit ihrem Talent um: Als Ende August der europäische Supercup zwischen dem FC Chelsea und Atletico Madrid näher rückte, wurde in Spots mit Jochen Breyer geworben. „Sehen Sie live aus Monaco internationale Topstars und einen internationalen Anfänger: mich“, sagte er im Trailer.

„Das war natürlich etwas Schönes“, sagt er heute über die Werbung, „aber es war auch ein mulmiges Gefühl.“ Der Trailer sei dazu da gewesen, um ihn vorzustellen, erklärt er, „und dass die Leute einschalten“. Er lacht. „Das hat ja nicht so gut geklappt.“ An Breyer lag es nicht, es war nun mal kein deutscher Klub dabei. Ergo: Keine zwei Millionen Zuschauer im Durschnitt, nur 7 Prozent Marktanteil.

An diesem Mittwoch werden es deutlich mehr sein. Vor zwei Wochen, beim Champions-League-Spiel Bayern gegen Valencia, schauten im Schnitt knapp acht Millionen zu. Quote: fast 27 Prozent.

Wenn Breyer dem unmenschlichen Druck standhält, wird wohl bald auch sein Wikipedia-Eintrag vervollständigt: Breyer hat am 11. November Geburtstag. Er wird 30.

Champions League: 3.10., 20.15 Uhr, ZDF

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