Auch ÖVP versucht TV zu beeinflussen: Handschellen rausgeschnitten

Nicht nur in Bayern, auch in Österreich versuchen Politiker, bei Öffentlich-Rechtlichen inhaltlich zu intervenieren. Selbst vor Satiresendungen machen sie nicht halt.

ORF-Generaldirektorin Monika Lindner und Alexander Wrabetz 2006. Bild: dpa

WIEN taz | Nicht nur die CSU – auch ihre österreichische Schwesterpartei ÖVP versucht die Darstellung ihrer Politiker im Fernsehen zu beeinflussen. Manchmal erfolgreich. So zuletzt, als Bildungssprecher Werner Amon in der Satiresendung „Wir sind Kaiser“ eine Audienz bei Kaiser Robert Heinrich I., gespielt von Robert Palfrader, hatte und am Ende in Handschellen abgeführt wurde. Diese Szene bekamen die Zuseher zu Hause nicht zu Gesicht.

Werner Amon war gemeinsam mit der Grünen-Abgeordneten Gabriela Moser geladen. Wichtigstes Thema war der Korruptions-Untersuchungsausschuss, den Moser geleitet hatte und der vor zwei Wochen von den Regierungsparteien SPÖ und ÖVP willkürlich beendet wurde, als wichtige Themen noch nicht erschöpfend untersucht und Schlüsselzeugen nicht befragt waren.

Amon hatte dabei als Spitzenrepräsentant seiner Partei eine wichtige Rolle gespielt. In Zusammenhang mit dubiosen Sponsorgeldern wird ihm auch Korruption vorgeworfen. Die Handschellen am Ende der „Audienz“ beim Kaiser in der Satiresendung kamen aber wegen eines anderen Vergehens ins Spiel: Amon hatte sich einst für einen Maskenball als Kaiser kostümiert. Klare Amtsanmaßung für den TV-Kaiser.

Die Grüne Gabriela Moser sagte, sie könne nicht mit Sicherheit beurteilen, ob Amon die Handschellen tatsächlich angelegt wurden – das habe sie aus ihrem Winkel nicht klar sehen können. Aber die Kombination von U-Ausschuss und Handschellen“ war ihrer Meinung nach offenbar ein zu starkes Bild für die ÖVP: Amons Pressebegleiterin habe nach der Aufzeichnung aufgeregt mit ihm diskutiert, dann telefoniert. Dass die Handschellen-Szene später aus der Sendung herausgeschnitten wurde, ist für die Grünen ein klarer Fall von Zensur. Sie wollen, dass sich damit der ORF-Stiftungsrat und der Publikumsrat, die Aufsichtsgremien des ORF, befassen.

Tatsächlich sind Interventionen politischer Parteien im ORF nichts Neues. Unter Führung von Monika Lindner, die vor zehn Jahren von der ÖVP-FPÖ-Regierung eingesetzt worden ist, sollen Anrufe bei leitenden Redakteuren an der Tagesordnung gewesen sein – und wenn sie aus dem Regierungslager kamen, meist auch erfolgreich.

Wir regeln das über die Anzeigen

Seit 2007 Alexander Wrabetz von der politischen SPÖ-BZÖ-Grünen-Mehrheit als Generaldirektor installiert wurde, genießen die Redaktionen weit größere Freiheit ein eklatanter Fall von Zensur wie das jüngste Herausschneiden einer Szene aus der Satiresendung wurde in den letzten Jahren nicht bekannt.

Der ORF mit seinen inzwischen vier Kanälen ist nach wie vor das wichtigste Leitmedium des Landes. Bei der Besetzung der Leitungsposten spielen politische Rücksichten traditionell eine Rolle. In den auflagenstarken Boulevardblättern versuchen sich Parteien durch das Schalten großflächiger Anzeigen wohlwollende Berichterstattung zu erkaufen.

Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) wird nun vorgeworfen, während seiner Zeit als Verkehrsminister einen etwas obskuren Deal im Zusammenhang mit Imagewerbung betrieben zu haben – mit Geldern der Österreichischen Bundesbahn und der Autobahnbetreiber-AG Asfinag. Eine von der Opposition gewünschte Vorladung vor den Korruptionsausschuss wurde von den Regierungsparteien hintertrieben.

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