Quotengift Gespräch

TALK Ohne „Beckmann“ wird das ARD-Talk-Einerlei noch trostloser

Vieles spricht dafür, dass Reinhold Beckmann mit der Ankündigung, seinen ARD-Talk Ende 2014 aufzugeben, nur der Absetzung von „Beckmann“ zuvorgekommen ist, der unter ARD-Intendanten unbeliebtesten ihrer fünf wöchentlichen Abendtalkshows. Wenige sprechen darüber, dass das ein ziemlicher Verlust ist. Denn dann talken im Ersten nur noch Jauch, Plasberg, Maischberger und Will.

Beckmanns seifiger, selbstberauschter Interviewstil wirkt zwar mitunter peinlich-penetrant, doch eines hebt seine Sendung wohltuend von der Konkurrenz ab: dass an Beckmanns Studiotisch, von Klatschvieh unbehelligt, zumindest noch versucht wird, in aller Ruhe ein Gespräch zu führen, Menschen zu begreifen.

Es mag bessere Interviewer geben als Beckmann – aber nicht im Ersten. Oder vielleicht können die Kollegen das nur nicht so zeigen, weil sie zu beschäftigt damit sind, Positionen abzufragen, eine Diskussion zu simulieren. Fest steht: Ohne „Beckmann“ fehlt dem Ersten eine wichtige Facette des Genres: der Human-Interest-Talk, das Interview als Porträt.

Vermissen muss man diese Art von Gesprächen natürlich trotzdem nicht, bezeichnend ist allerdings, dass „Beckmann“ nicht etwa wegen schlechter Gespräche als angezählt galt, sondern wegen eingebrochener Quoten nach der Verschiebung auf den Donnerstagabendtermin, nun mit harter Konkurrenz von „Maybrit Illner“ und „Markus Lanz“ im ZDF.

Qualität ist nur scheinbar ausschlaggebend bei Entscheidungen der ARD-Hierarchen. Die einzige Sprache, die sie wirklich verstehen, ist die der Quote (Ein bisschen Proporz sprechen sie auch noch). Ist die Quote gut, ist auch der Talk gut, ist sie schlecht, ist er es auch – eine im doppelten Wortsinn schlichte Logik. Der ist Reinhold Beckmann nun zum Opfer gefallen. Und hat es trotzdem geschafft, als Sieger vom Platz zu gehen. Chapeau. DENK