Als Luis Trenker bei Ernst Jünger anrief

NACHRUF Der Autor und Satiriker Horst Tomayer ist gestorben

Der Satz „Die Welt ist seine Bühne“ ist schon vielen Menschen angeheftet worden. Es gibt aber niemanden, der die Behauptung, die in dieser Formulierung enthalten ist, derart gelebt hat, wie der Schriftsteller, Satiriker und Schauspieler Horst Tomayer, der am Freitag im Alter von 75 Jahren in Hamburg an den Folgen einer Krebserkrankung gestorben ist.

Zu seiner Bühne machte Tomayer, Autor von Büchern wie „German Poems“, Darsteller in diversen „Otto“-Filmen und einem ganz anderen Publikum bekannt als Dr. Binder in der ZDF-Serie „Tierarzt Dr. Engel“, jede Kneipe, jede Supermarktkassenschlange, ja, letztlich jeden Flecken, auf dem der Fahrradmarathonmann, Pilzexperte und passionierte Apfelklauer anderen Menschen begegnete. Und wenn er einmal auf einer herkömmlichen Bühne stand, war es äußerst schwer, ihn dazu zu bewegen, sie wieder zu verlassen.

Tomayer schrieb über mehr als 30 Jahre sein „Ehrliches Tagebuch“ für das Magazin konkret, und in dieser Zeitschrift erschien auch einer der Klassiker der hiesigen Humorproduktion: die Rubrik „Deutsche Gespräche“. Unter falschen Namen telefonierte Tomayer mit Gestalten, die es verdienten, hinter jedes Licht geführt zu werden. Das berühmteste Gespräch führte er 1982 als Luis Trenker mit Ernst Jünger.

Tomayer hätte es verdient, in einem Atemzug mit der Neuen Frankfurter Schule genannt zu werden. Berühmt werden konnte er aber schon deshalb nicht, weil er nicht korrumpierbar war. Das Wort Karriereplanung kannte er nicht. Das lässt sich nicht für alle seiner Weggefährten sagen. Einst schrieb Horst Tomayer unter dem Pseudonym Fietje für die linksradikale Boulevardzeitung St. Pauli Nachrichten – gemeinsam mit einem Kollegen füllte er täglich die Rubrik „Hein und Fietjes Kommentar“. Hein wird demnächst Herausgeber von Springers Welt. Er ist besser bekannt unter dem Namen Stefan Aust. RENÉ MARTENS