Mediengesetze in China: Der Präsident entscheidet

Chinesische Journalisten haben in den vergangenen Jahren viele Korruptionsskandale aufgedeckt. Die Führung in Peking aber verschärft die Zensur.

Proteste in Guangzhou: Chinesische Polizisten hindern einen Journalisten an der Arbeit. Bild: Alex Lee / Reuters

PEKING taz | Li* ist frustriert. Seit sechs Jahren arbeitet der 29-Jährige als Reporter für die Nanfang Zhoumuo, eine der renommiertesten Wochenzeitungen in China mit Sitz in der südchinesischen Stadt Guangzhou.

Obwohl Medien in der Volksrepublik der Zensur unterliegen, konnte sich bei einigen Zeitungen eine recht kritische Berichterstattung entwickeln. Li hegte die Hoffnung, dass sich China Stück für Stück zu einem Land mit Meinungsfreiheit und unabhängiger Presse entwickeln würde. Er wollte dazu beitragen. „Diese Hoffnung habe ich nun aufgegeben“, sagt er.

Die chinesische Führung hat in der vergangenen Woche die Zensur verschärft. Chinesischen Journalisten ist es untersagt, „heikle Informationen weiterzugeben“. Das betrifft vom Staat offiziell nicht Autorisiertes ebenso wie Geheimnisse von Unternehmen. Geben chinesische Journalisten ihre Recherchen an ausländische Medien weiter oder veröffentlichen sie die Informationen in privaten Blogs, droht ihnen eine Klage wegen Staatsverrats.

Die Verschärfung richtet sich vor allem gegen Investigativjournalisten. Viele von ihnen seien aus dem staatlich kontrollierten Mediensystem ausgebrochen und hätten ihre Position missbraucht, heißt es in einer Erklärung des Nationalen Amtes für Presse, Radio, Film und Fernsehen. „Das hat der Partei und dem Land geschadet.“

Recherche nur mit Genehmigung

Bereits seit Juni ist es Journalisten verboten, ohne Erlaubnis der Behörden außerhalb ihrer Provinzen zu recherchieren. Schon vor dieser weiteren Verschärfung belegte China auf dem Index für Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen den 175. Platz – von 180 Ländern.

Dabei haben chinesische Investigativjournalisten in den vergangenen Jahren zur Aufdeckung einer Reihe von Korruptionsskandalen beigetragen. Auf den ersten Blick befanden sie sich damit im Einklang mit der Haltung des Staatspräsidenten Xi Jinpin, der unmittelbar nach Amtsübernahme vor anderthalb Jahren den Kampf gegen die Korruption zu einer seiner wichtigsten Aufgaben erklärt hatte.

„Doch offensichtlich will Xi allein darüber entscheiden, gegen wen wegen Korruption vorgegangen wird und gegen wen nicht“, sagt Li verbittert. Unter diesen strengen Vorgaben sei es fraglich, ob journalistische Arbeit in China überhaupt noch möglich sei.

Die Arbeitsbedingungen für die Journalisten der Southern-Mediengruppe, zu der auch Lis Zeitung gehört, hatten sich schon vor den neuen Bestimmungen verschärft. Anfang 2013 war es zu einer Auseinandersetzung zwischen der Belegschaft und dem Chef der örtlichen Propaganda-Abteilung gekommen.

Proteste und Streik

Nachdem der Chefkommentator in einem Leitartikel für die Neujahrsausgabe zu politischen Reformen aufrief, ersetzte ihn der Propagandachef durch einen Text, in dem das Gegenteil zu lesen war. Aus Protest gegen diesen drastischen Eingriff drohte ein Teil der Belegschaft mit Streik. Landesweit kam es zu Solidaritätsbekundungen.

Der Streit wurde zwar nach offiziellen Angaben im Einvernehmen beigelegt. Die meisten leitenden Redakteure, die den Protest damals unterstützten, sind aber inzwischen ausgetauscht.

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